Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Umsätze aus einer Betreuungstätigkeit im Jahr 1999 waren zwar nicht nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG steuerfrei, soweit die Leistungsempfänger mittellos waren. Sie waren aber nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g i.V. mit Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei, worauf sich ein zu einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege gehörender und gemeinnützigen Zwecken dienender Verein unmittelbar berufen kann. Das in § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. c UStG geregelte Abstandsgebot ist insofern gemeinschaftsrechtswidrig, als es auch für behördlich genehmigte Preise i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG gilt.
Sachverhalt
Der Verein betreut Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können. Der dem Deutschen Caritasverband angeschlossene Verein wurde vom Finanzamt zwar als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt; jedoch versagte das Finanzamt die Steuerbefreiung nach §§ 4 Nr. 18 UStG für die dem Verein zugeflossenen Betreuervergütungen.
§ 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. c UStG setzt die Steuerfreiheit der Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege u.a. voraus, dass die Entgelte für die Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben – Preisabstandsgebot. Der eingetragene Verein erfüllte diese Voraussetzung gegenüber mittellosen volljährigen Betreuten nicht, weil das 1999 geltende Gesetz über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormVG) insoweit die Vergütungen für Berufs- und Vereinsbetreuer einheitlich festlegte.
Der Verein kann sich für die Steuerfreiheit seiner Betreuungsleistungen aber unmittelbar auf die günstigere Regelung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g i.V. mit Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Denn wenn ein Mitgliedstaat diese Steuerbefreiung durch ein Abstandsgebot begrenzen möchte, darf dieses sich nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWGnicht auf behördlich genehmigte Preise beziehen. Die nach dem BVormVG von den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Vormundschaftsgerichts festgesetzten Vergütungen von Berufs- und Vereinsbetreuern sind behördlich genehmigte Preise. Daher gilt das Preisabstandsgebot nach dem gegenüber dem nationalen Recht günstigeren Gemeinschaftsrecht nicht für die Entgelte, die der Verein für die Betreuung vereinnahmt hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 17.2.2009, XI R 67/06.