Leitsatz
- Die Beschaffung der Betreuung auf der Reise stellt eine gegenüber der bloßen Beschaffung des Touristenvisums eigene, selbständige sonstige Leistung dar.
- Die von einem Unternehmer im eigenen Namen besorgte Betreuungsleistung ist nach § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG 1993 steuerfrei, wenn die von ihm in Anspruch genommene Reisevorleistung durch ein Betreuungsunternehmen im Drittlandsgebiet bewirkt wird. § 25 UStG 1993 greift ein, wenn die Leistung gegenüber Endverbrauchern erbracht wird.
- Die von einem Unternehmer im eigenen Namen für andere Unternehmen auf deren Rechnung besorgte Betreuungsleistung ist nicht steuerbar nach den §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 3a Abs. 1, 3 Abs. 11 UStG 1993, wenn die Betreuungsleistung durch ein Betreuungsunternehmen im Drittlandsgebiet erbracht wird.
Sachverhalt
Eine GbR betrieb in den Streitjahren 1995 und 1996 einen sog. Konsularservice und beschaffte u.a. Einreisedokumente für GUS-Staaten. Kunden waren sowohl Privatpersonen als auch Reisebüros. Für die Erteilung eines Touristenvisums war die Vorlage einer Reisebestätigung (sog. Visabestätigung) erforderlich, die von einigen großen Reisebüros und Hotels (sog. Referenzunternehmen) der Reiseländer ausgestellt wurde. Mit diesen Unternehmen stand die GbR in Vertragsbeziehungen. Für die Ausstellung des Visums erhob das Konsulat eine Gebühr, die in den Streitjahren für ein Touristenvisum für Russland 55 DM betrug. Das Referenzunternehmen berechnete für die Visabestätigung ein Entgelt von 35 DM, mit dem die GbR ihre Kunden belastete. Die GbR selbst rechnete 40 DM für die Beschaffung des Visums bzw. 20 DM für die Beschaffung der Visabestätigung ab, so dass der Kunde insgesamt 150 DM zu zahlen hatte. Allein das Referenzunternehmen durfte die erforderlichen Betreuungsleistungen vor Ort erbringen.
Die GbR behandelte die Konsulatsgebühren als durchlaufende Posten, die für die Visabestätigungen an die Referenzunternehmen gezahlten Vergütungen als steuerfreie Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG und nur das auf ihre eigene Tätigkeit entfallende Entgelt als umsatzsteuerbar. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Beibringung der Visabestätigung sei Teil der einheitlichen Leistung "Beschaffung eines Touristenvisums" mit der Folge, dass das gesamte dafür vereinnahmte Entgelt zur Bemessungsgrundlage gehöre. Die Klage hatte Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die Beschaffung der Visabestätigung konnte als selbständige Leistung gegenüber der Beschaffung des Touristenvisums gewertet werden, da es sich hierbei um die Verschaffung zusätzlicher Leistungen über einen Ansprechpartner vor Ort während der Reise handelt, der sich um eventuell auftretende Individualprobleme kümmert.
Für die umsatzsteuerliche Beurteilung dieser Leistung war danach zu unterscheiden, wer Leistungsempfänger war: Wurde die Leistung
- an Endverbraucher erbracht, richtet sich die Behandlung nach § 25 UStG. Die GbR erbringt mit dem Beschaffen der Reisepapiere und der Visabestätigungen Reiseleistungen und nimmt hierfür Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 Satz 5 UStG in Form von Betreuungsleistungen durch Referenzunternehmen in Anspruch. Da die Reisevorleistungen im Drittlandsgebiet bewirkt werden, sind die sonstigen Leistungen der GbR für die Beschaffung der Reisevorleistungen nach § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG steuerfrei.
- gegenüber anderen Unternehmern ausgeführt, greift § 25 UStG nicht ein. Die Beschaffung der Visabestätigung ist dann als Leistungseinkauf i.S. des § 3 Abs. 11 UStG zu behandeln: Die Kunden beauftragen die GbR mit der Beschaffung der für die Reise notwendigen Betreuungsleistungen durch das Referenzunternehmern. Die GbR besorgt diese Leistungen daraufhin bei den Referenzunternehmen im eigenen Namen, aber nicht für eigene Rechnung, sondern für Rechnung der Auftraggeber. In diesen Fällen bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistungen nach dem Ort, von dem aus das Referenzunternehmen sein Unternehmen betreibt; seine Leistungen werden deshalb nicht im Inland steuerbar. Damit sind nach § 3 Abs. 11 UStG auch die Besorgungsleistungen der GbR nicht steuerbar.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 2.3.2006, V R 25/03