Leitsatz

Ist im Gesellschaftsvertrag einer GbR die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter allein übertragen, dann beherrscht dieser Gesellschafter die Gesellschaft i. S.d. Rechtsprechungsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung auch dann, wenn die Gesellschafterbeschlüsse nach dem Gesellschaftsvertrag einstimmig zu fassen sind.

 

Sachverhalt

H und A waren zu 60 % bzw. 40 % Gesellschafter einer GbR, deren Zweck darin bestand, ein Bürogebäude der GbR an eine GmbH zu vermieten, die darin eine Steuerberatungskanzlei betrieb. An dieser GmbH waren H und A zusammen mit 62,5 % des Stammkapitals beteiligt. Nach Fertigstellung des Gebäudes nahmen H und A ihre Ehefrauen in die GbR auf und übertrugen ihnen unentgeltlich jeweils 5 % des Gesellschaftskapitals mit entsprechender Gewinnbeteiligung. Die Gesellschaftsanteile durften nur mit Zustimmung der anderen Gesellschafter veräußert werden, die Gesellschafterbeschlüsse waren einstimmig zu fassen. H wurde zumalleinigen Geschäftsführer und Vertreter der GbR bestellt. Ferner erteilten die Ehefrauen ihren Ehemännern Generalvollmacht über den Tod hinaus zur Vertretung in allen privaten und behördlichen Angelegenheiten. Das Finanzamt nahm eine Betriebsaufspaltung zwischen GbR und GmbH an.

 

Entscheidung

Der BFH bejaht im Streitfall die sachliche und die personelle Verflechtung von GbR und GmbH als Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung.

Hinsichtlich einer sachlichen Verflechtung bestanden keine Zweifel, da das an die GmbH vermietete Gebäude ausschließlich für deren Geschäftstätigkeit genutzt wurde, so dass das Gebäude eine wesentliche Betriebsgrundlage für die GmbH war. Auch eine personelle Verflechtung nimmt der BFH an. Zwar ist für jedes Geschäft einer GbR die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich[1], so dass eine Betriebsaufspaltung zwischen einer GbR als Besitzgesellschaft und einer Betriebsgesellschaft grundsätzlich ausgeschlossen ist. Denn eine Betriebsaufspaltung liegt wegen fehlender personeller Verflechtung nicht vor, wenn an der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft beteiligt sind und die Beschlüsse der Besitzpersonengesellschaft einstimmig gefasst werden müssen.

Im Streitfall macht der BFH vor diesem Grundsatz eine Ausnahme, weil im Gesellschaftsvertrag der GbR die gemeinschaftliche Geschäftsführung abbedungen und allein dem Gesellschafter H übertragen worden ist. Die übrigen Gesellschafter sind damit von der Geschäftsführung ausgeschlossen[2] und haben keinen Einfluss auf die Verwaltungsgeschäfte der GbR. Dazu zählen bei einer GbR alle rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, soweit sie nicht zu einer Änderung des Bestands oder der Organisation der Gesellschaft führen (sog. Grundlagengeschäfte). Die Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks durch das Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen ist kein Grundlagengeschäft in diesem Sinne, sondern ein bloßes Verwaltungsgeschäft. Für Maßnahmen im Rahmen der Vermietung des Grundstücks bedarf es daher keiner Einstimmigkeit.

Die Stellung des Gesellschafters einer GbR, der als deren alleiniger Geschäftsführer ein Grundstück der Gesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung verwaltet, reicht demnach für eine Beherrschung der GbR i. S. einer Betriebsaufspaltung aus. Denn solange diesem die Geschäftsführungsbefugnis nicht entzogen wird, dürfen die anderen Gesellschafter insoweit nicht tätig werden. Im Streitfall hat daher H die GbR beherrscht. Dass H die Betriebs- GmbH nur zusammen mit A beherrscht hat, steht einer Betriebsaufspaltung nicht entgegen, weil H und A eine beide Gesellschaften beherrschende Personengruppe bilden, bei der von der Verfolgung gleichgerichteter Interessen auszugehen ist.

 

Praxishinweis

Der BFH bestätigt mit dieser Entscheidung zunächst, dass die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung fehlt, wenn an der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft beteiligt sind und die Beschlüsse der Besitzpersonengesellschaft einstimmig gefasst werden müssen. Demzufolge ist eine Betriebsaufspaltung zwischen einer GbR als Besitzgesellschaft und einer Betriebsgesellschaft grundsätzlich ausgeschlossen, soweit das Einstimmigkeitsprinzip auch die laufende Verwaltung der vermieteten Wirtschaftsgüter einschließt. Bei einer GbR ist das regelmäßig zu bejahen, weil für jedes Geschäft der GbR die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist[3].

Diesen Grundsatz hat der BFH nunmehr weitergeführt: Wenn im Gesellschaftsvertrag einer GbR die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter allein übertragen wird, dann beherrscht dieser die GbR selbst dann, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesellschafterbeschlüsse einstimmig zu fassen sind. Soll die bei einer GbR i. d.R. fehlende personelle Verflechtung vermieden werden, ist deshalb darauf zu achten, dass einem Gesellschafter möglichst nicht die alleinige Geschäftsführung übertragen wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.07.2003, VIII R 24/01

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