Leitsatz (amtlich)
Ein Büro- und Verwaltungsgebäude ist jedenfalls dann eine wesentliche Betriebsgrundlage i.S. der Rechtsprechungsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft bildet.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GbR mit den Gesellschaftern A und B, hatte 1991 ein Grundstück mit Bürogebäude erworben und anschließend an eine GmbH vermietet, deren Gesellschafter ebenfalls A und B waren. Gegenstand des Unternehmens der GmbH waren im Wesentlichen Planungsleistungen für das Bauhauptgewerbe und ingenieurtechnische Leistungen. Die GmbH hatte dieses Unternehmen zunächst auf einem Nachbargrundstück betrieben. Sie nutzte das Gebäude (Firmensitz) nach dem Einbau einer Ölheizung und eines Garagentores sowie der Pflasterung des Hofraumes ausschließlich für diese Tätigkeiten. Sie beschäftigte an ihrem Firmensitz 20 Mitarbeiter. Die Büroräume waren mit Schreibtischen und der üblichen Büroeinrichtung, mit Kopiergeräten, Zeichenanlagen und Computern ausgestattet; der Kundenverkehr wurde vorwiegend vor Ort bei den Kunden und über Telekommunikationsmittel abgewickelt. Den Beschäftigten standen 16 Firmenwagen zur Verfügung. Das Finanzamt bejahte die Voraussetzungen einer unechten Betriebsaufspaltung. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Eine wesentliche Betriebsgrundlage i.S. der Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn das Grundstück für die Betriebsgesellschaft wirtschaftlich von nicht nur geringer Bedeutung ist. Eine hinreichende wirtschaftliche Bedeutung ist bereits anzunehmen, wenn der Betrieb auf das Grundstück angewiesen ist, weil er ohne ein Grundstück dieser Art nicht fortgeführt werden könnte. Ob dies auch für "reine" Büro- und Verwaltungsgebäude gilt, ist streitig geblieben. Übereinstimmung besteht jedoch in der Rechtsprechung des BFH insoweit, dass solche Gebäude - sowohl bei Fabrikations- als auch bei Dienstleistungsunternehmen - eine wesentliche Betriebsgrundlage sein können und dass dies jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn ein neu errichtetes Gebäude zum Zwecke der büro- und verwaltungsmäßigen Nutzung an die Betriebsgesellschaft vermietet wird, für deren Zwecke es hergerichtet oder gestaltet worden ist. Denn auch Bürogebäude können eine besondere wirtschaftliche Bedeutung für das Betriebsunternehmen haben. Ob das der Fall ist, ist nach dem Gesamtbild der Eingliederung des Grundstücks in die innere Struktur des jeweiligen Betriebsunternehmens zu beurteilen.
Nach diesen Grundsätzen ist das Gebäude für den Betrieb der GmbH von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung. Diese ergibt sich daraus, dass
- die GmbH für ihr Ingenieur- und Planungsbüro ein Büro- und Verwaltungsgebäude benötigte,
- das angemietete Gebäude für diesen Zweck geeignet ist und
- es von besonderem Gewicht für die Betriebsführung, d.h. für diese nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Das hat der erkennende Senat unabhängig vom baulichen Zuschnitt und der örtlichen Lage bei der gebotenen funktionalen Betrachtung auch dann angenommen, wenn das Unternehmen der Betriebsgesellschaft ohne das Gebäude nur bei einer einschneidenden Änderung seiner Organisation fortgeführt werden könnte. Das gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Unternehmen um einen Fabrikationsbetrieb, einen Handelsbetrieb oder - wie hier - um ein Dienstleistungsunternehmen handelt. Von diesem Grundsatz ist deshalb auch im Streitfall auszugehen. Die GmbH hat das Gebäude angemietet, weil es als Firmensitz und zur Aufnahme der Geschäftsleitung erforderlich war und geeignete Räume enthielt, um die Mitarbeiter, die technischen Anlagen und Geräte für die umfangreichen Planungsarbeiten sowie den Fahrzeugpark aufzunehmen und die Betriebsabläufe einschließlich der Kundenberatung und -betreuung sowie die büromäßige Verwaltung sinnvoll zu koordinieren. Damit bildete das Gebäude die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der GmbH.
Es ist nicht erforderlich, dass das Gebäude in der Weise hergerichtet wurde, dass es ohne bauliche Veränderungen für ein anderes Unternehmen nicht verwendbar wäre. Es kommt auch nicht darauf an, dass die betrieblichen Anforderungen auch von einem anderen Verwaltungsgebäude hätten erfüllt werden können oder das angemietete Gebäude auch für andere Zwecke hätte genutzt werden können.
Link zur Entscheidung
BFH vom 23.5.2000 - VIII R 11/99