Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Die personelle Verflechtung einer GbR mit einer GmbH ist auch dann gegeben, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer der GbR, der zugleich alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist, zwar von der GbR nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit ist, aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der GmbH aber bewirken kann, dass auf Seiten der GmbH nicht er selbst als deren Vertreter auftritt.
Sachverhalt
An einer GbR sind die Eheleute A und B sowie ihre drei Söhne beteiligt. Die GbR vermietet ihr Grundvermögen teilweise an eine GmbH, die einen Autohandel betreibt. An der GmbH sind A und zwei seiner Söhne beteiligt. A ist alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Er ist auch Geschäftsführer der GbR, Insichgeschäfte sind ihm aber nicht gestattet; Entscheidungen der GbR bedürften der 2/3-Mehrheit. Diese Mehrheit haben die Gesellschafter der GbR, die zugleich an der GmbH beteiligt sind, zu keinem Zeitpunkt erreicht. Schließlich hat A seine Anteile an der GmbH auf zwei seiner Söhne übertragen, die seither über je 50 % der Anteile an der GmbH verfügen. Das Finanzamt erfasst wegen Beendigung der Betriebsaufspaltung einen Aufgabegewinn. Zu Recht?
Entscheidung
Der BFH folgte dem Finanzamt. Nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung erzielt die GbR Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sie mit der GmbH als Betriebsgesellschaft personell und sachlich verflochten ist. Hier sind die Gesellschaften wegen des für Zwecke des Autohandels hergerichteten Grundstücks unstreitig sachlich, aber auch personell miteinander verflochten. Zwar erreichen die an beiden Gesellschaften beteiligten Gesellschafter nicht die notwendige 2/3-Mehrheit. Beherrschungsidentität wird aber in Bezug auf die (maßgeblichen) laufenden Geschäfte durch die entsprechenden Geschäftsführungsbefugnisse erreicht. Die Geschäftsführungsbefugnis konnte A nur durch eine 2/3-Mehrheit und deshalb nicht durch Gesellschafter entzogen werden, die nur an der GbR beteiligt sind. Allerdings ist A nicht berechtigt, namens der GbR mit sich als Vertreter der GmbH rechtsgeschäftlich zu handeln. Das muss er aber auch nicht, um in beiden Gesellschaften seinen Willen durchzusetzen. Er kann nämlich aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der GmbH einen Gesellschafterbeschluss durchsetzen, aufgrund dessen auf Seiten der Betriebsgesellschaft bei Geschäften mit der GbR nicht er selbst auftritt. Das ist möglich, wenn die GmbH einen Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten einsetzt oder selbst durch Beschluss ein Rechtsgeschäft mit der GbR vornimmt. Es kommt nicht darauf an, ob A bei dem Beschluss mitstimmen kann oder nicht. Folge: Da eine Betriebsaufspaltung vorliegt, wird sie mit der Übertragung der Anteile beendet und der Aufgabegewinn ist nach § 16 Abs. 1 EStG zu besteuern.
Praxishinweis
Es wäre eine einfache Gestaltung, wenn man nur dem Gesellschafter-Geschäftsführer Insichgeschäfte nach § 181 BGB verbieten müsste, um zu erreichen, dass keine Betriebsaufspaltung vorliegt. Diese Möglichkeit hat der BFH bislang stets offen gelassen, weil ein Selbstkontrahierungsverbot selten vorlag. Nun hat er die Frage eindeutig entschieden. Maßgebend ist nur die tatsächliche Beherrschung beider Gesellschaften, gleich auf welchem Wege sie erreicht wird. Es reicht aus, wenn der in seiner Vertretungsbefugnis eingeschränkte Gesellschafter-Geschäftsführer nicht auf Seiten der Betriebsgesellschaft auftreten muss. Zivilrechtlich ist nicht ganz klar, ob und in welcher Weise die GmbH durch Gesellschafterbeschluss die an sich dem Geschäftsführer vorbehaltenen Aufgaben an sich ziehen und ob dieser bei einem Beschluss mitstimmen kann. Steuerrechtlich kommt es jedenfalls nicht darauf an.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 24.8.2006, IX R 52/04