Leitsätze (amtlich)
- Eine Betriebsaufspaltung liegt regelmäßig nicht vor, wenn nur einer der beiden Geschäftsführer einer Besitz-GbR an der Betriebs-GmbH beteiligt ist.
- Eine faktische Beherrschung der Besitz-GbR durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer setzt voraus, dass die anderen Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beschlussfassung über die Angelegenheiten der Gesellschaft keinen eigenen geschäftlichen Willen entfalten können. Ein auf schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen beruhender wirtschaftlicher Druck genügt hierfür regelmäßig nicht.
Sachverhalt
Die Klägerin - ab 1.1.1985 eine GbR -betrieb bis 31.12.1984 ein Einzelhandelsgeschäft als OHG. Das Unternehmen wurde auf einem Grundstück ausgeübt, das die Klägerin von ihrem Gesellschafter X gemietet hatte. Der Mietvertrag war mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderjahres kündbar. Gesellschafter der GbR waren neben X noch seine Ehefrau Y und seine Tochter Z, zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft waren aber nur X und Y berechtigt. Vereinbarungen in Bezug auf die Stimmrechte der Gesellschafter wurden nicht getroffen. X und Z waren auch Gesellschafter der am 26.12.1984 gegründeten GmbH. X war am Stammkapital der GmbH mit 51 % beteiligt; Geschäftsführer waren X und Y Die GmbH führte ab 1.1.1985 das Unternehmen der OHG aufgrund eines Unternehmenspachtvertrages fort. Der Vertrag wurde für eine Laufzeit von zehn Jahren mit Verlängerungsoption geschlossen. Das Betriebsgrundstück wurde von der GbR an die GmbH untervermietet. Das Finanzamt nahm eine Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der GmbH an. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung sind nicht erfüllt, wenn an der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft beteiligt sind und die Beschlüsse der Besitzpersonengesellschaft einstimmig gefasst werden müssen. Nach dem gesellschaftsrechtlichen Regelstatut gilt für eine GbR das Einstimmigkeitsprinzip. Davon ist auch im Streitfall auszugehen.
Die GbR wird durch X auch nicht auf anderer als auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage "faktisch" beherrscht. Voraussetzung für die in besonderen Ausnahmefällen anzunehmende faktische Beherrschung ist, dass sich die ausschließlich an der Besitzpersonengesellschaft beteiligten Gesellschafter aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen dem Druck der beherrschenden Gesellschafter unterordnen müssen. Davon kann man im Streitfall nicht ausgehen. Für eine Unterordnung der Gesellschafterin Y ergeben sich keine Anhaltspunkte. Der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt lässt weder den Schluss zu, dass die Ehegatten das Pachtverhältnis zwischen der GbR und der GmbH für dessen gesamte Dauer mit gleichgerichteten Interessen planmäßig gemeinsam gestalten wollten, noch gewährt die Verpachtung des Grundstücks an die GbR dem Gesellschafter-Verpächter X eine für die Beherrschung dieser Gesellschaft hinreichende tatsächliche Machtstellung. Eine solche könnte nur dann angenommen werden, wenn Y von ihren Einwirkungsmöglichkeiten als Gesellschafterin und Geschäftsführerin auf die Entscheidungen der GbR keinen Gebrauch mehr hätte machen können. Das wäre etwa dann der Fall, wenn X ihr das Stimmrecht jederzeit hätte entziehen können, wenn sie nach den tatsächlichen Verhältnissen in der Gesellschaft von ihrem Stimmrecht ausgeschlossen gewesen wäre oder wenn X ihr in wesentlichen Punkten der Geschäftsführung seinen Willen derart aufgezwungen hätte, dass die Ausübung ihres Stimmrechts letztlich nicht mehr auf ihrem eigenen geschäftlichen Willen beruhte. Umstände, die einen solchen Schluss zuließen, sind weder vom FG festgestellt noch von den Beteiligten vorgetragen worden.
Der mit der Überlassung von wesentlichen Betriebsgrundlagen verbundene
wirtschaftliche Druck auf die Geschäftsführung der Gesellschaft rechtfertigt für sich allein nicht den Schluss, die Gesellschafter könnten bei der Beschlussfassung keinen eigenen geschäftlichen Willen mehr entfalten. Insoweit gilt für die Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung durch die Gesellschaft nichts anderes als für die Einflussnahme von Großgläubigern über das der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Kapital oder für die Einflussnahme eines angestellten Fachmanns auf das Abstimmungsverhalten eines nicht fachkundigen Gesellschafters. Ein solcher, auf schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen beruhender wirtschaftlicher Druck kann zu einer tatsächlichen Beherrschung allenfalls dann führen, wenn der Vertragspartner die Geschäftsführung in dem Unternehmen vollständig an sich zieht und im eigenen Interesse ausübt.
Link zur Entscheidung
BFH vom 15.3.2000 - VIII R 82/98