Das steht im Urteil

Der Gewinn, der bei einer Praxisveräußerung auf die betrieblich genutzten Räume im Einfamilienhaus des Praxisinhabers und seines Ehepartners entfällt, wird nur zur Hälfte angesetzt.

 

Der Sachverhalt

Ein Arzt (A) und seine Ehefrau (B) waren zu je 50 % Miteigentümer eines von ihnen selbst bewohnten Einfamilienhauses. A betrieb seine Praxis in gemieteten Räumen. Er nutzte außerdem einen Kellerraum des Einfamilienhauses (14,14 % der gesamten Nutzfläche) als Lagerraum für seine Praxis. Die hierauf entfallenden Hauskosten und die AfA hatte A bei seinen Praxiseinkünften als Betriebsausgaben abgezogen. Ende des Streitjahres (1998) veräußerte A seine Praxis. In seiner Einkommensteuererklärung erklärte er einen Veräußerungsgewinn von 375.572 DM. Das Finanzamt erhöhte den Veräußerungsgewinn um den Entnahmewert des Lagerraums (23.000 DM). Nach seiner Ansicht gehörte das Eigentum an diesem Raum – und zwar sowohl der hälftige Miteigentumsanteil des A als auch der B – zum notwendigen Betriebsvermögen des A.

 

Die Meinung des BFH

Der BFH geht davon aus, dass der Veräußerungsgewinn (§ 18 Abs. 3 Satz 1 EStG) die stillen Reserven der dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter umfasst, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen überführt werden. Dazu gehörte der Miteigentumsanteil der B nicht.

Der im privaten Einfamilienhaus gelegene betrieblich genutzte Kellerraum und der darauf entfallende Anteil am Grund und Boden waren A und B entsprechend ihren Miteigentumsanteilen je zur Hälfte zuzurechnen. Insoweit handelt es sich steuerrechtlich jeweils um gesonderte Wirtschaftsgüter i.S.v. § 7 Abs. 5a EStG.

Der Anteil des A an dem betrieblich genutzten Kellerraum nebst anteiligem Grund und Boden gehörte zu seinem Betriebsvermögen; die darauf entfallenden stillen Reserven erhöhten folglich seinen Veräußerungsgewinn. Der Anteil der B hätte dagegen steuerrechtlich nur dann als Betriebsvermögen dem A zugerechnet werden können, wenn A insoweit wirtschaftlicher Eigentümer gewesen wäre. Das war jedoch nicht der Fall. – Auch die Berechtigung des A, den auf B entfallenden Anteil am Kellerraum betrieblich zu nutzen, war kein Grund, den Veräußerungsgewinn zu erhöhen. Reicht die Nutzung eines Miteigentümers über seinen Miteigentumsanteil hinaus, kann zwar insoweit eine entgeltliche Nutzungsüberlassung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) gegeben sein. Ein derartiger Vorgang vollzieht sich aber auf der Nutzungsebene, nicht auf der Vermögensebene. Ein gesondertes Nutzungsrecht, das ein Wirtschaftsgut im Betriebsvermögen des A bilden, dort stille Reserven entstehen lassen und damit seinen Veräußerungsgewinn erhöhen könnte, ergibt sich daraus nicht. Vielmehr verbleibt der Anteil des betrieblichen Gebäudeteils, der bürgerlich-rechtlich auf den anderen, nicht betrieblich oder beruflich nutzenden Miteigentümer (hier also B) entfällt, als Wirtschaftsgut in dessen einkommensteuerrechtlich unbeachtlichem Privatvermögen, sodass es an einem Gewinnrealisierungstatbestand fehlt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.04.2008, VIII R 98/04v. 29.4.2008, VIII R 98/04

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