Leitsatz

  1. Einlagen, die zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos geleistet und im Wirtschaftsjahr der Einlage nicht durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht werden, führen regelmäßig zum Ansatz eines Korrekturpostens mit der weiteren Folge, dass – abweichend vom Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG – Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind, wenn hierdurch (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht.
  2. Die Klage eines Kommanditisten gegen einen Bescheid zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts (§ 15a Abs. 4 EStG) ist auch dann zulässig, wenn die Einspruchsentscheidung an die Kommanditgesellschaft gerichtet und der Kommanditist nicht zum Einspruchsverfahren hinzugezogen worden ist.
 

Sachverhalt

K war Kommanditistin der X-GmbH & Co. KG und hatte ihre Einlage von 2 Mio. DM in vollem Umfang erbracht. 1995 leistete sie auf Druck der Hausbank der KG zum Ausgleich ihres negativen Kapitalkontos eine weitere Einlage von 1210000 DM. Zum 31.12.1995 belief sich ihr Kapitalkonto auf 27891 DM. 1996 erlitt die KG einen Verlust, von dem 2966463 DM auf K entfielen; ihr negatives Kapitalkonto zum 31.12.1996 betrug danach 2938572 DM. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, von dem der K 1996 zugerechneten Verlustanteil von 2966463 DM sei lediglich der dem positiven Kapitalkonto zum 31.12.1995 entsprechende Betrag von 27891 DM ausgleichsfähig. Darüber hinaus liege ein verrechenbarer Verlust vor. K hielt dem entgegen, es verstoße gegen Sinn und Zweck des § 15a EStG, dass eine Einlage in ein negatives Kapitalkonto nur für Verluste im Jahr der Einlage zu ausgleichsfähigen Verlusten führe, nicht aber für Verluste der Folgejahre. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben. Zwar sei der Verlust eines Kommanditisten nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht ausgleichsfähig, sondern gemäß § 15a Abs. 2 EStG nur verrechenbar, soweit durch die Verlustzurechnung ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Der hiernach erforderliche Vergleich des Kapitalkontenstandes am Ende des Wirtschaftsjahrs der Verlustentstehung mit demjenigen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs führe aber für den Fall, dass eine Einlage vor dem Wirtschaftsjahr der Verlustentstehung geleistet und nicht durch (ausgleichsfähige) Verluste verbraucht wurde, zu sinnwidrigen Ergebnissen. Für diesen Fall erachtet der BFH es für erforderlich, § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG teleologisch zu reduzieren und die dadurch entstehende (verdeckte) Regelungslücke im Wege eines Analogieschlusses entsprechend dem Regelungsplan und der Entstehungsgeschichte des § 15a EStG zu schließen. Diese Rechtsfortbildung hat zur Folge, dass der geleistete Einlagebetrag, soweit er nicht durch im Wirtschaftsjahr der Einlage zugerechnete ausgleichsfähige Verluste verbraucht wurde, außerhalb des Kapitalkontenvergleichs als Korrekturposten festzuhalten ist und damit Verlustanteile des Kommanditisten in den folgenden Wirtschaftsjahren bis zur Höhe des (noch) nicht verbrauchten Korrekturpostens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind, wenn durch die Verlustzurechnung ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht.

 

Praxishinweis

Zwar bestätigt der BFH mit diesem Grundsatzurteil seine bisherige Rechtsprechung, dass Einlagen in ein negatives Kapitalkonto nicht dazu führen, verrechenbare Verluste der Vorjahre in ausgleichsfähige Verluste umzuqualifizieren und dass grundsätzlich nur die sog. überschießende Außenhaftung des Kommanditisten nach § 171 HGB[1] bewirken kann, diesem – über den Betrag der geleisteten Einlage hinaus – keine (nur) verrechenbaren, sondern ausgleichsfähige Verluste zu vermitteln. Es ist aber nicht zu verkennen, dass der BFH mit der Rezensionsentscheidung das Entstehen ausgleichsfähiger Verluste bei der Leistung von Einlagen deutlich über den bisherigen Umfang hinaus erweitert. Einlagen, die zum Ausgleich negativer Kapitalkonten geleistet werden und im Wirtschaftsjahr der Einlage nicht oder nur teilweise durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht werden, führen nunmehr zum Ansatz eines Korrekturpostens. Wird dieser durch Verluste späterer Wirtschaftsjahre verbraucht, liegen insoweit ausgleichsfähige Verluste vor, auch wenn hierdurch (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Der BFH lässt sich bei seiner Entscheidung erkennbar von dem Parallelfall leiten, dass ein Kommanditist keine Einlage leistet, sondern (nur) im Umfang des Verlustes des Wirtschaftsjahrs seine Haftsumme erhöht[2]: Dann ist dieser Verlust, obgleich er mit der Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos verbunden ist, unabhängig davon ausgleichsfähig, ob die Handelsregistereintragung bereits im vorhergehenden Wirtschaftsjahr oder erst im Wirtschaftsjahr der Verlustentstehung vorgenommen wurde. Es ist aber kein Grund dafür erkennbar, eine im Vorjahr geleistete Einlage, die e...

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