Oberschenkelhalsbruch
Erleidet eine sturzgefährdete Heimbewohnerin bei einem begleiteten Toilettengang einen Oberschenkelhalsbruch, ist der Heimträger nach einem Urteil des OLG Hamm nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Sturz die Folge eines Spontananbruchs des Oberschenkelhalsknochens war.
Krankenversicherung fordert Schadensersatz
Die im Jahr 1918 geborene Heimbewohnerin lebte seit 2001 in einem Altenheim des beklagten Heimträgers. Weil die Bewohnerin sturzgefährdet war, wurde sie im Juli 2007 bei einem Toilettengang von einer Pflegekraft des Beklagten begleitet. Die Heimbewohnerin kam zu Fall und erlitt einen Oberschenkelhalsbruch, der operativ behandelt werden musste. Sie verstarb im Jahre 2009. Die gesetzliche Krankenversicherung der Heimbewohnerin verlangte vom Heimträger Schadensersatz aus übergegangenem Recht der Bewohnerin für die entstandenen Behandlungskosten in Höhe von ca. 7.000 EUR.
Pflichtverletzung nicht erwiesen
Das OLG Hamm konnte nicht feststellen, dass die Heimbewohnerin aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung des Heimträgers oder seines Pflegepersonals zu Fall gekommen war und hierdurch den Oberschenkelhalsbruch erlitten hatte. Die Klägerin habe den Nachweis eines für den Schaden ursächlichen, pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten oder seines Pflegepersonals nicht führen können. Zwar habe sich der Schadensfall im Rahmen einer Situation ereignet, die dem Bereich des vom Heimträger "voll beherrschbaren Risikos" zuzuordnen sei und deswegen Beweiserleichterungen für den Geschädigten begründe. In der konkreten Gefahrensituation habe eine gesteigerte (erfolgsbezogene) Obhutspflicht des Heimträgers bestanden. Die Heimbewohnerin sei sturzgefährdet gewesen und der begleitete Toilettengang stelle eine Situation aus einem Gefahren- und Verantwortungsbereich dar, den der Heimträger voll beherrschen müsse.
Kriterien des Verursachungsnachweises
In dieser Situation müsse sich der Heimträger vom Vorwurf einer schuldhaften Pflegepflichtverletzung entlasten, wenn sich das von ihm zu beherrschende Risiko zulasten des Heimbewohners verwirklicht habe. Nach dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten bestand aber die Möglichkeit, dass der Sturz der Heimbewohnerin nur Folge eines Spontananbruchs des Oberschenkelhalsknochens war. In diesem Fall beruhte die Fraktur nicht auf dem Sturz, in dem Schaden habe sich dann kein Risiko verwirklicht, das vom Heimträger voll hätte beherrscht werden müssen.
(OLG Hamm, Urteil v. 27.1.2014, 17 U 35/13)