Leitsatz
- Eine Nutzungsentnahme ist mit den (anteiligen) Kosten der außerbetrieblichen Nutzung zu bewerten, höchstens aber mit dem Marktwert der Nutzung (hier: höchstens der Marktmiete).
- Entstehen für das außerbetrieblich genutzte Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens Erhaltungsaufwendungen durch Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die zu einer substanziellen Erhöhung des Teilwerts führen, sind diese Aufwendungen über einen Zeitraumvon zehn Jahren pro rata temporis den laufenden Kosten für das Wirtschaftsgut (bis zur jeweiligen Höhe des Marktwerts der Nutzung) hinzuzurechnen.
- Von einer substanziellen Teilwerterhöhung ist auszugehen, wenn der Teilwert durch sämtliche Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen ummindestens 10 % gesteigert wird.
Sachverhalt
Zum Betriebsvermögen eines bilanzierenden Landwirts gehört ein ehemaliges Verwalterhaus, das seit Oktober 1991 an dessen Mutter für 3 DM/qm (ortsübliche Miete: 5,50 DM/qm) vermietet war. Den Aufwand für die Renovierung der Wohnung (250 000 DM, davon 22 000 DM für Schönheitsreparaturen) behandelte der Landwirt als laufende Betriebsausgaben. Das Finanzamt berücksichtigte die Schönheitsreparaturen wegen privater Veranlassung nicht als Betriebsausgaben und nahm hinsichtlich der Wohnung, soweit sie verbilligt vermietet wurde, eine Nutzungsentnahme an, die es mit den anteiligen Renovierungskosten bewertete und vereinfachend im Wirtschaftsjahr 1990/91 erfasste. Das im 1. Rechtsgang zugunsten des Landwirts ergangene FG-Urteil hob der BFH nur in Bezug auf das Streitjahr 1991 auf und verwies die Sache insoweit zur Feststellung zurück, mit welchem Betrag die Nutzungsentnahme zu bewerten sei. Im 2. Rechtsgang bewertete das FG die Nutzungsentnahme mit den Selbstkosten, ohne den im Wirtschaftsjahr 1990/91 angefallenen Erhaltungsaufwand zeitanteilig im folgenden Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen. Landwirt und Finanzamt rügen die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidung
Der BFH hat die Sache erneut zurückverwiesen. Zwar hat das FG die Nutzungsentnahme zutreffend mit den anteiligen tatsächlichen Selbstkosten – 45,5 % der Gesamtkosten – angesetzt, aber zu Unrecht lediglich die ab verbilligter Vermietung des Verwalterhauses buchmäßig erfassten Erhaltungsaufwendungen bei der Bewertung der Nutzungsentnahme berücksichtigt. Denn der Zeitpunkt der Zahlung ist bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich unerheblich; entscheidend ist allein, in welchem – vom FG noch festzustellenden – Wirtschaftsjahr die Betriebsvermögensminderungen wirtschaftlich verursacht wurden.
Im Übrigen müssen Erhaltungsaufwendungen, die vor dem Zeitraum der verbilligten Vermietung des Verwalterhauses gewinnwirksam zu berücksichtigen sind, in die Bewertung der Nutzungsentnahme – wenn auch nur zeitanteilig – einbezogen werden, um die durch diese Aufwendungen bewirkte substantielle Teilwerterhöhung des außerbetrieblich genutzten Wirtschaftsguts zu neutralisieren. Von einer substanziellen Teilwerterhöhung ist auszugehen, wenn der Teilwert durch sämtliche durchgeführten Maßnahmen um mindestens 10 % gesteigert wird.
Im Hinblick darauf, dass sich solche teilwerterhöhenden Maßnahmen im Laufe der Zeit – mit der Folge einer Teilwertreduzierung – verbrauchen, hält es der BFH bei umfangreichen Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten für angemessen, die Aufwendungen für jede einzelne Maßnahme auf einen Zeitraum von zehn Jahren aufzuteilen. Innerhalb dieses Zeitraums ist bei der Wertbemessung einer Nutzungsentnahme von Gebäuden der Betrag der laufenden Kosten um den auf den Nutzungszeitraum des jeweiligen Wirtschaftsjahres pro rata temporis entfallenden Teil des substanziell teilwerterhöhenden Erhaltungsaufwands zu erhöhen, allerdings nur bis zur Höhe der Marktmiete, weil es andernfalls zu einer Besteuerung fiktiver Einnahmen käme.
Praxishinweis
Mit einem Verteilungszeitraum von zehn Jahren orientiert sich der BFH an entsprechenden Ansätzen für die Verteilung von Modernisierungsaufwendungen wie in § 4 Abs. 3 FördGG sowie an dem ebenfalls zehnjährigen Vorsteuerberichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.12.2002, IV R 46/00