Gesetzliche Regelung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte Gelegenheit, in einem neueren Urteil grundsätzlich zum Zeitpunkt der Grundstückswertverhältnisse für die Berechnung der Überbaurente Stellung zu nehmen.
Nach § 912 Abs. 2 Satz 2 BGB ist für die Höhe der Rente die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend. Dem entspricht § 915 BGB, der für die Bemessung des Wertersatzes der überbauten Grundstücksfläche bei einem verlangten Ankauf ebenfalls auf den Zeitpunkt der Grenzüberschreitung abstellt. Dabei fallen im unmittelbaren Anwendungsbereich der Überbauvorschriften, wenn also der Eigentümer bei der Errichtung des Gebäudes über die Grenze hinweg auf das ihm nicht gehörende Nachbargrundstück baut, der Zeitpunkt der Grenzüberschreitung und der der Errichtung des Gebäudes zusammen.
Ursprünglicher Eigengrenzüberbau
Dasselbe gilt, so der BGH, im Fall des ursprünglichen Eigengrenzüberbaus. Baut der Eigentümer eines Grundstücks auf ein benachbartes, ebenfalls in seinem Eigentum stehendes Grundstück hinüber, wird die Grenze mit der Errichtung des Überbaus überschritten. Das Rentenzahlungsrecht entsteht schon in diesem Zeitpunkt, es ruht allerdings bis zum Übergang der beiden Grundstücke in verschiedene Hände. Demgemäß sind auch in einem solchen Fall für die Bemessung der Rentenhöhe die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Errichtung des Baues zugrunde zu legen.
Nachträglicher Eigengrenzüberbau
Anders verhält es sich hingegen nach Auffassung des BGH, wenn ein bereits bebautes einheitliches Grundstück nachträglich geteilt wird und sich die neu gebildete Grundstücksgrenze durch das bestehende Gebäude zieht. Hier wird die den Überbau oder Eigengrenzüberbau entsprechende tatsächliche Situation erst durch die Aufteilung des Grundstücks geschaffen. Bei Errichtung des Gebäudes ist – anders als beim Überbau oder ursprünglichen Eigengrenzüberbau – eine Grenze, die überschritten werden könnte, noch nicht vorhanden. Demgemäß kann zu diesem Zeitpunkt weder ein Duldungsanspruch noch ein Rentenzahlungsrecht entstehen. Das hat nach Meinung des Gerichts zur Folge, dass für die Bemessung der Überbaurente nicht auf die Wertverhältnisse bei der Gebäudeerrichtung abgestellt werden kann. Ausgehend von der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass für die Höhe der Rente die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend ist, kommt es vielmehr auf den Zeitpunkt der Teilung des Grundstücks an, da erst dann eine Überbausituation entsteht, die eine entsprechende Anwendung der §§ 912 ff. BGB rechtfertigt. Allerdings ruhen wie im Fall des ursprünglichen Eigengrenzüberbaus die Duldungspflicht und das Rentenrecht so lange, bis die Grundstücke in das Eigentum verschiedener Personen gelangen.
(BGH, Urteil v. 22.11.2013, V ZR 199/12, MDR 2014 S. 269)