Das Vergleichswertverfahren (§ 183 BewG) kommt zur Anwendung, wenn der Gutachterausschuss entsprechende Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren ermittelt hat (Abschn. 11 Abs. 2 BewErlGV 2009). Das Vergleichswertverfahren gilt für Wohnungseigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser. Der Vergleichswert bebauter Grundstücke umfasst den Bodenwert und den Gebäudewert.
Der Vergleichswert ist vom Gutachterausschuss grundsätzlich anhand von Kaufpreisen für Grundstücke zu ermitteln, die mit ihren wertbeeinflussenden Merkmalen (u. a. Lage, Nutzung, Alter des Gebäudes, Zuschnitt des Grundstücks und Bodenbeschaffenheit) mit dem zu bewertenden Grundstück weitgehend übereinstimmen (§ 183 Abs. 1 BewG). Liegen mehrere Vergleichspreise vor, soll der Durchschnittswert angesetzt werden (Abschn. 12 Abs. 2 Satz 5 BewErlGV 2009). Liegen keine Vergleichskaufpreise vor, kann die Bewertung mittels Vergleichsfaktoren erfolgen, die der Gutachterausschuss für geeignete bebaute Grundstücke (insbesondere Flächeneinheiten von Gebäuden) ermittelt hat. Beziehen sich die Vergleichsfaktoren nur auf das Gebäude, ist der Grund und Boden nach § 179 BewG gesondert zu bewerten (§ 183 Abs. 2 BewG). Grundsätzlich müssen die wertbeeinflussenden Merkmale des Vergleichsgrundstücks und des zu bewertenden Grundstücks übereinstimmen.
Abweichungen bei wertbeeinflussenden Merkmalen
Die Finanzverwaltung geht zudem davon aus, dass Abweichungen in den wertbeeinflussenden Merkmalen (z. B. Wohn-/Nutzfläche, Alter des Gebäudes und Grundstücksgröße) bis zu 20 % vom Vergleichsgrundstück unbeachtlich sind (Abschn. 12 Abs. 4 Satz 2 BewErlGV 2009).
Soweit von den Gutachterausschüssen keine bzw. keine geeigneten Vergleichspreise vorliegen, kann das zuständige Finanzamt geeignete Vergleichspreise aus anderen Kaufpreissammlungen berücksichtigen.
Sonstige Besonderheiten
Sonstige Besonderheiten (insbesondere wertbeeinflussende Belastungen, wie z. B. Lärm, Gerüche, Kontaminationen) des zu bewertenden Grundstücks sind nicht zu berücksichtigen (§ 183 Abs. 3 BewG). Diese können bei der Bewertung nur bei Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 BewG) einbezogen werden.
Bewertung einer Eigentumswohnung im Vergleichswertverfahren
Zu bewerten ist eine Eigentumswohnung (Baujahr 1950, 70 qm Wohn-/Nutzfläche) im Stadtbezirk A gute Wohnlage.
Der Gutachterausschuss hat für die Mustereigentumswohnung (80 qm) im Stadtbezirk A gute Wohnlage für die Bauklasse 1945 bis 1960 einen Wert i. H. v. 1.800 EUR/qm Wohnfläche festgelegt.
Lösung
Eigentumswohnungen sind nach dem Vergleichswertverfahren (§ 183 BewG) zu bewerten, falls ein Vergleichspreis oder zumindest Vergleichsfaktoren vom Gutachterausschuss vorliegen.
Hier liegt ein Vergleichsfaktor vor. Zudem weicht das Vergleichsgrundstück gegenüber dem zu bewertenden Grundstück in Bezug auf die Wohnfläche um nicht mehr als 20 % (sondern nur 10/80 = 12,5 %) ab. Folglich kann der Vergleichsfaktor der Bewertung zugrunde gelegt werden. Der Grundbesitzwert berechnet sich wie folgt: 1.800 EUR x 70 qm = 126.000 EUR.
Sonderfall: Bewertung einer Eigentumswohnung im Sachwertverfahren
Zu bewerten ist eine Eigentumswohnung (Baujahr 1959, 60 qm Wohn-/Nutzfläche) im Stadtbezirk B mittlere Wohnlage.
Der Gutachterausschuss hat für die Mustereigentumswohnung (80 qm) im Stadtbezirk B mittlere Wohnlage für die Bauklasse 1945 bis 1960 einen Wert i. H. v. 1.650 EUR/qm Wohnfläche festgelegt.
Lösung
Eigentumswohnungen sind nach dem Vergleichswertverfahren (§ 183 BewG) zu bewerten, falls ein Vergleichspreis oder zumindest Vergleichsfaktoren vom Gutachterausschuss vorliegen.
Hier liegt zwar ein Vergleichsfaktor vor. Aber das Vergleichsgrundstück weicht gegenüber dem zu bewertenden Grundstück in Bezug auf die Wohnfläche um mehr als 20 % ab (sondern nur 20/80 = 25 %). Folglich kann der Vergleichsfaktor der Bewertung nicht zugrunde gelegt werden. Daher ist die Eigentumswohnung nach dem Sachwertverfahren (§ 189 BewG) zu bewerten.