Wird dem Erbbauberechtigen nach Ablauf des Erbbaurechts der Gebäudewert nicht oder nicht vollständig entschädigt, führt dies dazu, dass bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit "Erbbaurecht" der Wert des Gebäudes nicht zu 100 %, sondern lediglich anteilig (neben dem Bodenwertanteil) zuzurechnen ist. Der sich hiernach ergebende Grundbesitzwert des Erbbaurechts lässt sich schematisch wie folgt darstellen:

 
Bodenwertanteil § 193 Abs. 3 BewG
+ anteiliger Gebäudewertanteil (§ 194 Abs. 4 BewG)
= Grundbesitzwert des Erbbaurechts

Die Wertermittlung des anteiligen Gebäudewertanteils unterteilt sich in mehrere Berechnungsschritte (§ 194 Abs. 4 BewG). Zunächst ist der Gebäudewert am Bewertungszeitpunkt – ungeachtet der späteren Aufteilung – zu berechnen. Dabei kommt entweder der Gebäudeertragswert (§ 185 BewG) oder der Gebäudesachwert (§ 190 BewG) zum Ansatz. Bei dieser Bewertung sind das Alter des Gebäudes im Bewertungszeitpunkt und die Restnutzungsdauer anzusetzen.

Anschließend ist der abgezinste Gebäudewert bei Ablauf des Erbbaurechts zu ermitteln. Dieser Berechnungsschritt untergliedert sich in 2 Teilschritte:

  1. Hier ist zunächst der Gebäudewert bei Ablauf des Erbbaurechts nach dem Ertragswertverfahren (§ 185 BewG) oder dem Sachwertverfahren (§ 190 BewG) zu ermitteln. Bei dieser Berechnung ist hinsichtlich des Rohertrags (§ 186 BewG) vom gleichen Betrag wie am Bewertungsstichtag auszugehen (Abschn. 37 Abs. 5 Satz 4 BewErlGV 2009). Bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts bzw. des Gebäudesachwerts ist der Mindestansatz (§ 185 Abs. 3 Satz 5 bzw. § 190 Abs. 2 Satz 4 BewG) zu berücksichtigen.
  2. Danach ist der Gebäudewert bei Ablauf des Erbbaurechts mit dem Prozentsatz zu multiplizieren, mit dem die Gebäude "entschädigungslos" auf den Grundstückseigentümer übergehen. Insoweit kommt es auf die vertraglichen Vereinbarungen im Einzelfall an. Sodann ist der entschädigungslose Anteil am Gebäudewert mit dem Abzinsungsfaktor zu multiplizieren. Der Abzinsungsfaktor ist der Anlage 26 BewG zu entnehmen. Er hängt vom Liegenschaftszins und der Restlaufzeit des Erbbaurechts ab.

    Die Restlaufzeit des Erbbaurechts umfasst den Zeitraum ab dem Bewertungsstichtag bis zum vertraglich vereinbarten Ablauf des Rechts. Die Restlaufzeit ist auf volle Jahre abzurunden (Abschn. 37 Abs. 3 Satz 3 BewErlGV 2009). Beträgt die Restlaufzeit des Erbbaurechts weniger als ein Jahr, beträgt der Abzinsungsfaktor 1,0.

    Beim Liegenschaftszinssatz ist vorrangig derjenige anzuwenden, den der Gutachterausschuss ermittelt hat. Liegen solche Liegenschaftszinssätze nicht vor oder sind die vom Gutachterausschuss ermittelten Zinssätze nicht geeignet, ist auf die gesetzlichen Liegenschaftszinssätze zurückzugreifen (§ 193 Abs. 4 Satz 2 BewG):

     
    Grundstücksarten Zinssätze
    Ein-, Zweifamilienhäuser sowie Wohnungseigentum mit maximal 2 Wohnungen (§ 193 Abs. 4 Nr. 1 BewG) 3 %
    Mietwohngrundstücke sowie Wohnungseigentum mit mehr als 2 Wohnungen (§ 193 Abs. 4 Nr. 2 BewG) 5 %
    Gemischtgenutzte Grundstücke mit gewerblichem Anteil bis 50 % (§ 193 Abs. 4 Nr. 3 BewG) 5,5 %
    Gemischtgenutzte Grundstücke mit gewerblichem Anteil von mehr als 50 % (§ 193 Abs. 4 Nr. 4 BewG) 6 %
    Geschäftsgrundstücke und Teileigentum (§ 193 Abs. 4 Nr. 5 BewG) 6,5 %

Der bei der wirtschaftlichen Einheit "Erbbaurecht" anzusetzende anteilige Gebäudewertanteil berechnet sich schließlich dadurch, indem vom Gebäudewert (Schritt 1) der abgezinste Gebäudewert (Schritt 2) abgezogen wird.

 
Praxis-Beispiel

Bewertung eines Mietwohngrundstücks im Erbbaurecht

Zu bewerten ist ein Mietwohngrundstück im Erbbaurecht zum 10.3.2009 (Bodenwert 150.000 EUR, Rohertrag 45.000 EUR, Bezugsfertigkeit 1999, Laufzeit des Erbbaurechts bis 31.12.2031, monatlicher Erbbauzins 250 EUR). Der Bodenwertanteil des Erbbaurechts beträgt 59.220 EUR. Der Gebäudeertragswert am Bewertungsstichtag beträgt 542.487 EUR. Nach den Vereinbarungen im Erbbaurechtsvertrag, hat der Grundstückseigentümer G dem Erbbauberechtigen E nach Ablauf des Erbbaurechts die Gebäude mit 75 % des Zeitwerts zu entschädigen.

Lösung

Die Berechnungen sehen wie folgt aus (§ 193 Abs. 5 i. V. m. § 194 Abs. 4 BewG):

 
Rohertrag 45.000 EUR  

./. Bewirtschaftungskosten § 187 BewG

–> Anlage 23 BewG: 23 %

(Rest-ND bei Ablauf Erbbaurecht 47 Jahre)
./. 10.350 EUR  
= Reinertrag Grundstück = 34.650 EUR  

Bodenwertverzinsung

§ 188 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BewG
./. 7.500 EUR  
= Gebäudereinertrag = 27.150 EUR  

x Vervielfältiger

§ 185 Abs. 3 BewG –> Anlage 21
x 17,98  
Gebäudeertragswert bei Ablauf des Erbbaurechts = 488.157 EUR
Gebäudeertragswert am Bewertungsstichtag   542.487 EUR
Gebäudeertragswert bei Ablauf 488.157 EUR  
x entschädigungsloser Anteil x 25 %  
= entschädigungsloser Gebäudewert = 122.039 EUR  

x Abzinsungsfaktor Anlage 26 BewG

–> Zinssatz 5 %, Rest-Lfz. 22 volle Jahre
x 0,3418  
= abgezinster Gebäudeertragswert = 41.713 EUR ./. 41.713 EUR
Gebäudewertanteil Erbbaurecht   = 500.774 EUR
Bodenwertanteil des Erbbaurechts   59.220 EUR
+ anteiliger Gebäudewertanteil   + 500.774 EUR
= Grundbesitzwert des Er...

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