Zusammenfassung
Mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz wurde die Bewertung von Grundbesitz für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ab 1.1.2009 auf "neue Beine" gestellt. Grund für die Neuregelungen war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der Gesetzgeber strebt mit der Neubewertung das Verkehrswertniveau an. Die Bewertungsverfahren wurden der Gutachterpraxis angeglichen. Dadurch sind die steuerlichen Verfahren in ihrer Ausgestaltung komplexer und komplizierter geworden. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Bewertungsverfahren liegt derzeit noch nicht vor.
Gleichlautender Ländererlass v. 23.2.2009, BStBl I S. 446
1 Abgrenzung "Einheitswerte – Grundbesitzwerte"
Die Einheitswerte haben für die Grundsteuer weiterhin Gültigkeit. Auch im Bereich der Gewerbesteuer sind Einheitswerte in bestimmten Fällen noch zu beachten (§ 9 Nr. 1 GewStG).
Zweifamilienhaus
Das Zweifamilienhaus des V geht von Todes wegen am 20.6.2009 auf den Sohn S über.
Lösungshinweis
Für die Erbschaftsteuer ist ein Grundbesitzwert auf den 20.6.2009 festzustellen.
Daneben ist für Zwecke der Grundsteuer auf den 1.1.2010 eine Zurechnungsfortschreibung nach § 22 Abs. 2 BewG durchzuführen. Das Zweifamilienhaus ist dem neuen Eigentümer S zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO).
Für Besteuerungs- bzw. Bewertungszeitpunkte vom 1.1.1996 bis zum 31.12.2008 sind für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer grundsätzlich Grundbesitzwerte nach dem Vierten Abschnitt (§§ 138-150 BewG) festzustellen. Dies gilt in bestimmten Fällen auch für die Grunderwerbsteuer (Besteuerungszeitpunkte ab 1.1.1997, § 8 Abs. 2 GrEStG).
Für Besteuerungs- bzw. Bewertungszeitpunkte seit 1.1.2009 sind die Grundbesitzwerte für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer nur noch nach dem Sechsten Abschnitt (§§ 157 ff. BewG) unter Berücksichtigung des Fünften Abschnitts (§§ 151 ff. BewG) festzustellen.
2 Grundbesitzwerte ab 1.1.2009
Auch die nach dem Sechsten Abschnitt (§§ 157 ff. BewG) zu ermittelnden Grundbesitzwerte werden nur im Bedarfsfall festgestellt. Dies ist der Fall, wenn sie für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer benötigt werden.
Grundbesitzwerte werden in einem gesonderten Feststellungsverfahren vom Lagefinanzamt ermittelt und durch Feststellungsbescheid bekannt gegeben (§ 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Grundbesitzwerte sind zu ermitteln für
Mit den Neuregelungen strebt der Gesetzgeber an, dass bei der Bewertung des Grundvermögens seit 1.1.2009 der gemeine Wert (§ 9 BewG) erreicht wird. Dieser entspricht inhaltlich dem Verkehrswert (Marktwert, § 194 BauGB – Abschn. 3 Gleichlautender Ländererlass v. 5.5.2009, BStBl I S. 590 sog. BewErlGV 2009).
3 Anwendungsregeln
Mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz (ErbStRG v. 24.12.2008, BGBl I S. 3018, BStBl 2009 I S. 67) hat der Gesetzgeber das Erbschaftsteuer-/Schenkungsteuergesetz und das Bewertungsgesetz reformiert. Die Neuregelungen aufgrund des ErbStRG sind auf Erb- bzw. Schenkungsfälle anzuwenden, in denen die Steuer ab dem 1.1.2009 entsteht (§ 37 Abs. 1 ErbStG). Die neuen Bewertungsregeln gelten folglich für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2009.
Artikel 3 des ErbStRG sah unter bestimmten Voraussetzungen eine Anwendung der Neuregelungen zum Erbschaftsteuergesetz (bis auf den neuen § 16 ErbStG) und zum Bewertungsgesetz bereits für Fälle vor, in denen die Steuer bis zum 31.12.2008 entstanden ist (sog. Altfälle). Folgende Voraussetzungen mussten kumulativ erfüllt sein:
- Antrag des Steuerpflichtigen bis zum 30.6.2009,
- es musste ein Erbfall vorgelegen haben und
- die Steuer musste nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 entstanden sein.
Bei mehreren Erben konnte das Wahlrecht von jedem Erben losgelöst von den anderen ausgeübt werden (Abs. 6 des gleichlautenden Ländererlasses v. 23.2.2009, BStBl 2009 I S. 446).
Wurde der Antrag rechtzeitig gestellt, hat dies zur Folge, dass auf den gesamten Steuerfall grundsätzlich die Neuregelungen nach dem ErbStRG anzuwenden sind. Einzige Ausnahme ist, dass nicht die neuen (höheren) Freibeträge, sondern die bis zum 31.12.2008 geltenden alten (niedrigeren) Freibeträge i. S. d. § 16 ErbStG anzuwenden sind.
Rücknahme des Antrags
Der Erbe kann den Antrag nach Art. 3 ErbStRG bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung widerrufen (Abs. 7 des gleichlautenden Ländererlasses v. 23.2.2009, BStBl 2009 I S. 446). Dies macht Sinn, wenn die Anwendung der Neuregelungen gegenüber der alten Regelungen – entgegen der bisherigen Einschätzung – zu einer höheren Steuer führt.
4 Bewertungserlasse
Die Finanzverwaltung hat die neue Rechtslage zur Ermittlung der Grundbesitzwerte ab 1.1.2009 insbesondere in 2 gleichlautenden Ländererlassen näher erläutert: Zum einem in dem Erlass v. 30.3.2009, BStBl 2009 I S. 546 (sog. Feststellungserlass – FestErl), und zum anderen in dem Erlass v. 5.5.2009, BStBl 2009 I S. 590 (sog. Bewertungserlass Grundvermögen – BewErlGV 2009).
5 Feststellungsbescheid und Inhalt
Grundbesitzwerte werden losgelöst vom Steuerfestsetzungsverfahren in einem eigenständigen Verfahren, d. h. gesondert festgestellt (§ 151 ...