Leitsatz

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Ansatz von ausländischen (im Bereich der EG gelegenen) Grundstücken mit dem gemeinen Wert für Zwecke der Erbschaftsteuer für Erwerbsvorgänge bis 1995 nicht europarechtswidrig ist.

 

Sachverhalt

A übertrug 1995 umfangreiches Vermögen, u.a. in Spanien gelegenen Grundbesitz, auf eine (Familien-)Stiftung liechtensteinischen Rechts mit Sitz in Vaduz. Das Finanzamt sah hierin eine nach §7 Abs.1 Nr.8 ErbStG in der für 1995 geltenden Fassung der Steuer unterliegende Zuwendung an die Stiftung und setzte gegen diese Schenkungsteuer fest. Die Stiftung begehrte u.a. Aussetzung der Vollziehung wegen Verstoßes gegen Art.3 GG sowie gegen europäisches Recht, insbesondere gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.

 

Entscheidung

Der Vermögensanfall ist unbeschränkt steuerpflichtig, da A als Schenker mit Wohnsitz im Inland als "Steuerinländer" anzusehen ist[1]. Der Ansatz des in Spanien gelegenen Grundbesitzes mit dem gemeinen Wert folgt aus §12 Abs.6 ErbStG i.V.m. den §§9, 31 BewG.

Der Ansatz der Auslandsimmobilien mit dem gemeinen Wert verstößt angesichts der niedrigen Einheitswerte für inländischen Grundbesitz gegen Art.3 GG[2], rechtfertigt aber im Streitfall keine Aussetzung der Vollziehung, weil das BVerfG eine Fortgeltungsanordnung bis Ende 1995 verfügt hat.

Auch die geltend gemachten europarechtlichen Bedenken rechtfertigen keine Aussetzung der Vollziehung. Die unterschiedliche Behandlung von Auslands- und Inlandsimmobilien im deutschen Recht stellt zwar eine die Kapitalverkehrsfreiheit berührende Differenzierung nach dem Kapitalanlageort dar, fällt aber unter das Steuerprivileg nach Art.58 Abs.1 EGV. Danach dürfen die Mitgliedstaaten "Vorschriften ihres Steuerrechts (weiter) anwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln". Dies gilt nach dem Schlussprotokoll zum Vertrag von Maastricht allerdings nur für solche Vorschriften, die Ende 1993 bereits "in Kraft standen". Dies ist bei §31 BewG der Fall.

§31 BewG unterfällt auch nicht den Einschränkungen des Steuerprivilegs in Art.58 Abs.3 EGV. Denn diese Vorschrift enthält keine willkürliche Diskriminierung oder verschleierte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Denn die erst durch die Beibehaltung des Wertniveaus 1964 für die Einheitsbewertung inländischer Grundstücke über viele Jahre entstandenen Wertunterschiede sind im Rahmen des vom BVerfG[3] festgesetzten Zeitraums für die Weitergeltung der Einheitswerte, also bis Ende 1995, aus den vom BVerfG genannten Gründen sachlich gerechtfertigt und damit nicht willkürlich.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung betrifft nur die Rechtslage bis Ende 1995. Vorschriften des ErbStG und BewG, die erst nach 1995 in Kraft getreten sind und Differenzierungen nach dem Kapitalanlageort enthalten, müssen wegen der Einschränkungen des Steuerprivilegs im Vertrag von Maastricht möglicherweise anders beurteilt werden. Hiervon betroffen sind insbesondere die auf inländisches Betriebsvermögen beschränkten Vergünstigungen nach §13a ErbStG.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 10.3.2005, II B 120/04

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