Leitsatz
Ein Grundstück, auf dem sich leer stehende, aber benutzbare Gebäude befinden, ist bei der Feststellung des Einheitswerts des Grundvermögens (auch nach dem in den neuen Bundesländern geltenden Bewertungsrecht) nicht allein deshalb als unbebautes Grundstück zu bewerten, weil am Stichtag eine Nutzung aus dem formalen Grund einer fehlenden Genehmigung oder aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht zulässig gewesen wäre.
Sachverhalt
Die BRD war Eigentümerin eines über 1000 ha großen, im Außenbereich nach § 35 BauGB belegenen Grundstücks im Beitrittsgebiet, das als Militärflugplatz genutzt worden war. Die militärische Nutzung hatte die BRD aufgegeben. Bei der Feststellung des Einheitswerts berücksichtigte das Finanzamt 123 Gebäude einschließlich Garagen und Hangars. Die BRD beantragte, das Grundstück als unbebautes Grundstück zu behandeln, weil die Gebäude baurechtlich nicht nutzbar seien.
Entscheidung
Gemäß § 129 Abs. 2 BewG richtet sich die Ermittlung der Einheitswerte des Grundvermögens in den neuen Bundesländern nach den §§ 10 und 11 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 sowie den §§ 50 bis 53 BewG DDR und § 3a Abs. 1 sowie den §§ 32 bis 46 RBewDV. Im Umkehrschluss aus § 33a Abs. 2 RBewDV tritt der Rückfall des bebauten Grundstücks in den Zustand eines unbebauten Grundstücks in dem Augenblick ein, ab dem eine Gebäudenutzung nicht mehr zumutbar ist. Ob es zumutbar ist, ein Gebäude zu benutzen, richtet sich nach seinem tatsächlichen Zustand und nicht danach, ob eine formal erforderliche Nutzungsgenehmigung vorliegt, oder nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer Gebäudenutzung.
Finanzamt und -gericht müssen sich ein eigenes Urteil darüber bilden, ob die Benutzung eines bestimmten Gebäudes noch zumutbar ist. Hierbei kann auf den früheren § 16 Abs. 3 II. WoBauG zurückgegriffen werden. Danach ist ein Raumauf Dauer nicht benutzbar, wenn ein zu seiner Benutzung erforderlicher Gebäudeteil zerstört ist oder wenn der Raumoder der Gebäudeteil sich in einem Zustand befindet, der aus Gründen der Bauoder Gesundheitsaufsicht eine dauernde, der Zweckbestimmung entsprechende Benutzung des Raumes nicht gestattet.
Praxishinweis
Die noch benutzbaren Gebäude sind derjenigen Gebäudegruppe zuzuordnen, die der tatsächlichen baulichen Gestaltung wertmäßig am nächsten kommt. Soweit dies Gebäude auf Fabrikgrundstücken, Lagerhausgrundstücken, Grundstücken mit Werkstätten und vergleichbaren Grundstücken sind, sind Abschläge wegen nicht behebbarer Baumängel oder Bauschäden und der wirtschaftlichen Überalterung sowie ein Sonderabschlag für stillliegende Fabriken zu gewähren, wenn am Stichtag der gesamte auf dem Grundstück befindliche Betrieb still liegt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.12.2002, II R 20/01