Das steht im Urteil
Bewirtet ein leitender Arbeitnehmer mit variablen Bezügen seine Arbeitskollegen, so können die Bewirtungsaufwendungen als Werbungskosten abziehbar sein.
Der Sachverhalt
Im Streitfall ging es um einen Chemiker (A), der als leitender Angestellter einer AG tätig war. Bis September 2000 arbeitete A als Gruppenleiter mit 24 Mitarbeitern (Haushaltsvolumen: 6 Mio. DM), ab Oktober 2000 als Forschungsleiter mit 217 Mitarbeitern (Haushaltsvolumen: 60 Mio. DM). Seine Bezüge setzten sich aus einem festen Bestandteil und einer am Unternehmenserfolg orientierten variablen Vergütung zusammen. Seine Gesamtbezüge betrugen in den Jahren 1998 bis 2001 jährlich zwischen 256.000 DM und 318.000 DM. Die darin enthaltenen Bonuszahlungen machten rd. 10 % bis 20 % der Gesamtvergütung aus. In seiner Einkommensteuererklärung für 2000 machte A bei seinen Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit Aufwendungen für Bewirtungen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug.
Die Meinung des BFH
Der BFH hält die Sache nicht für entscheidungsreif. Er geht von seiner Rechtsprechung aus, nach der auch Bewirtungsaufwendungen eines Arbeitnehmers zu den Werbungskosten zählen können. Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Ob der Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass erbringt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung i.S.v. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, muss anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung von Aufwendungen zum beruflichen Bereich kann dabei der Umstand bilden, dass der Steuerzahler eine variable, vom Erfolg seiner Arbeit abhängige Entlohnung erhält. Denn in einem solchen Fall hat es ein Arbeitnehmer in größerem Umfang selbst in der Hand, die Höhe seiner Bezüge zu beeinflussen. Das allein reicht indessen für die Zuordnung von Bewirtungsaufwendungen zu den Werbungskosten nicht aus. Der BFH vermisst im Streitfall noch tatsächliche Feststellungen zu den sonstigenUmständen der verschiedenen Bewirtungen (wie Anlass der Feier, Ort der Veranstaltung, Teilnehmer, sonstige Begleitumstände).
Der BFH weist außerdem darauf hin, dass nach der für Betriebsausgaben maßgeblichen Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) Aufwendungen für die Bewirtung von Personen "aus geschäftlichem Anlass" den Gewinn nicht mindern dürfen, soweit sie 80 (nunmehr: 70) Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Diese Regelung ist auf Werbungskostensinngemäß anzuwenden (§ 9 Abs. 5 EStG). Allerdings greift die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nach der Rechtsprechung des BFH dann nicht, wenn ein Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt. Dies gilt insbesondere für solche Mitarbeiter, die ihm unterstellt sind und die durch ihre Zu- und Mitarbeit Einfluss auf die Höhe der variablen Bezüge des Bewirtenden nehmen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.06.2008, VI R 33/07v. 19.6.2008, VI R 33/07