Leitsatz
- Die berufliche Veranlassung von Werbungskosten ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.
- Bewirtungsaufwendungen, die einem Offizier für einen Empfang aus Anlass der Übergabe der Dienstgeschäfte (Kommandoübergabe) und der Verabschiedung in den Ruhestand entstehen, können als Werbungskosten zu berücksichtigen sein.
Sachverhalt
Im September 2000 wurden die Dienstgeschäfte eines Generals anlässlich seiner Pensionierung im Rahmen einer militärischen Veranstaltung auf seinen Nachfolger übertragen. Anschließend fand im Offiziersheim ein Empfang statt, an dem neben Bundeswehrangehörigen geladene Gäste teilnahmen. Dabei wurden dem General für Speisen und Getränke 1996 DM in Rechnung gestellt. Nachdem der Dienstherr hiervon 1200 DM übernommen hatte, verblieben 796 DM bei dem General, die er vergeblich als Werbungskosten geltend machte. Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Dagegen gab der BFH der Revision dem Grunde nach statt und verwies die Sache wegen der Höhe der abziehbaren Beträge an das FG zurück.
Entscheidung
Der BFH legte zunächst die allgemeinen Grundsätze dar, nach denen private Repräsentationsaufwendungen von Werbungskosten abzugrenzen sind. Sodann führte er aus, die berufliche oder private Veranlassung der Aufwendungen für die Ausrichtung der Veranstaltung werde durch den Anlass dieser Veranstaltung indiziert, wobei in die Beurteilung einzubeziehen sei, wer als Gastgeber auftrete, wer und auf wessen Veranlassung eingeladen werde, wo die Veranstaltung stattfinde und ob es sich dem Charakter nach um eine private Feier handle. Da das FG diese Umstände nicht in seine Würdigung einbezogen, sondern nur darauf abgestellt habe, dass die Verabschiedung ein mit der persönlichen Ehrung des Generals verbundenes Ereignis gewesen sei, müsse die Vorentscheidung aufgehoben werden. Die eigene Würdigung des BFH ergebe, dass die Übergabe der Dienstgeschäfte ein berufliches Ereignis ohne Bezug zur privaten Lebensführung gewesen sei, zumal die Bundeswehr als Gastgeber aufgetreten sei, die Gästeliste einschließlich der Vertreter der Rüstungsindustrie aus Gründen der Kontaktpflege festgelegt habe und die Veranstaltung, die keinen privaten Charakter gehabt habe, in ihren Räumen durchgeführt habe. Insofern spiele es keine Rolle, dass der General keine erfolgsabhängigen Bezüge, sondern nur noch ein Ruhegehalt erziele. Die Zurückverweisung erfolgte, damit das FG feststellen kann, ob und in welchem Umfang dem begehrten Werbungskostenabzug § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG entgegensteht.
Praxishinweis
Der BFH nimmt an, der General habe mit seinem Kostenbeitrag den gleichen Zweck wie sein Arbeitgeber verfolgt: nämlich die Finanzierung der auf einem Kommandobefehl beruhenden militärischen Veranstaltung "Übergabe der Dienstgeschäfte des Generals X". Dagegen liegt näher, dass er seinen Anteil, den zu erbringen er rechtlich nicht verpflichtet war, nicht per Befehl, sondern nur aus gesellschaftlicher Rücksichtnahme geleistet hat. Während der betriebliche Bezug für seinen Arbeitgeber auf der Hand liegt, ist schwer nachzuvollziehen, welche erwerbsbezogenen Gründe den General bewogen haben sollen, Kosten zu übernehmen. Nicht er, sondern sein Arbeitgeber hatte Geschäfte zu übergeben, aber er hätte sich blamieren können, wenn er sich hätte lumpen lassen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 11.1.2007, VI R 52/03