Leitsatz

  1. Das Veranlassungsprinzip ist auch für die Steuerbarkeit von sonstigen Bezügen aus Aktien nach §20 Abs.1 Nr.1 i.V.m. Abs.2 Satz1 Nr.1 EStG zu beachten. Maßgeblich ist hiernach, ob bei wertender Beurteilung das die Vorteilszuwendung auslösende Moment oder – im Falle eines Ursachenbündels – zumindest eines der auslösenden Momente in einem nicht zu vernachlässigenden Ausmaß der Erwerbssphäre zuzuordnen ist (hier: Mitgliedschaftsverhältnis des Aktionärs).
  2. Diese Voraussetzung wurde auch dann erfüllt, wenn im Rahmen des zweiten Börsengangs der Deutschen Telekom AG (DT-AG) der Erwerber junger Aktien nach Ablauf der Haltefrist Bonusaktien zugeteilt erhielt. Unerheblich hierfür ist, ob sich der Bonusanspruch zivilrechtlich gegen die DT-AG oder gegen einen Dritten (hier: Bundesrepublik Deutschland als Mehrheitsaktionärin) gerichtet hat.
  3. Der Zuflusszeitpunkt sowie die Höhe der Kapitaleinnahmen sind nach den Verhältnissen des einzelnen Aktionärs zu bestimmen (niedrigster Kurswert der DT-Aktien an einer deutschen Börse einschließlich XETRA-Handel am Tag der Depoteinbuchung).
 

Sachverhalt

Der Bund war bis März 1999 an der DT-AG unmittelbar bzw. mittelbar über die KfW als Mehrheitsaktionär beteiligt. Am 25.6.1999 wurde das Grundkapital der DT-AG durch Ausgabe neuer Stückaktien erhöht (sog. zweiter Börsengang der DT-AG). Privatanleger, die Aktien im Rahmen des Bezugsrechtsangebots erwarben, erlangten das Recht auf Bezug einer Bonusaktie für je 10 neue Aktien, wenn sie diese ununterbrochen bis zum 31.8.2000 hielten. Die Bonusaktien wurden aus dem Bestand des Bundes gewährt.

Sowohl der Bund als auch die KfW übten ihre Bezugsrechte nicht aus. Sie hatten sich zudem verpflichtet, ihre eigenen Aktien nicht vor dem 1.6.2000 zu veräußern. Die Kläger erwarben aufgrund des Bezugsrechtsangebots insgesamt 420 junge Aktien zu dem um einen Frühzeichnerrabatt von 2EUR geminderten Preis von 43EUR je Aktie. Für das Streitjahr erklärten sie Einnahmen aus Bonusaktien von 3565,08DM (42 Aktien× 43,40EUR×1,95583). Der Betrag von 43,40EUR entsprach dem Kurswert der DT-Aktien zum 31.8.2000.

Das Finanzamt schloss sich dieser Beurteilung an und wies den Einspruch der Kläger, der Bezug der Bonusaktien hätte die Anschaffungskosten der jungen Aktien gemindert und deshalb nicht zu Kapitaleinkünften geführt, als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene Klage war erfolgreich. Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH führen die Bonusaktien zu Einnahmen aus Kapitalvermögen. Nach §20 Abs.1 Nr.1 EStG gehören dazu u.a. Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Aktien sowie nach §20 Abs.2 Satz1 Nr.1 EStG besondere Entgelte und Vorteile, die neben den in §20 Abs.1 Nr.1 EStG bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden. Dabei stellt §20 Abs.2 Satz1 Nr.1 EStG lediglich klar, dass unter die sonstigen Bezüge i.S. von Abs.1 Nr.1 alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert zu fassen sind, die dem Gesellschafter – entweder von der Gesellschaft oder von einem Dritten – aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zufließen, soweit die Vorteilszuwendungen nicht als von der Steuerbarkeit ausgeschlossene Kapitalrückzahlung zu werten sind.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Bezüge zu Lasten des Gewinns oder zu Lasten der Vermögenssubstanz der Gesellschaft geleistet werden; es kommt auch nicht darauf an, in welche zivilrechtliche Form die Vorteilsgewährung gekleidet ist. Allein maßgeblich ist, ob die Vorteilszuwendung nach dem Veranlassungsprinzip als dem Gesellschaftsverhältnis i.S. von §20 Abs.1 Nr.1 EStG, d.h. der sog. Erwerbssphäre, zugehörig anzusehen ist. Insofern reicht eine Mitveranlassung in dem Sinne aus, dass das auslösende Moment des erhaltenen Vorteils zumindest auch dem Gesellschaftsverhältnis zuzuordnen ist. Diese Grundsätze gelten auch für die Beantwortung der Frage, ob der einem Gesellschafter zugeflossene Vorteil der Erwerbssphäre oder der nicht steuerbaren Vermögensebene in Gestalt der nachträglichen Anschaffungskostenminderung angehört. Der Vorteil mindert nur dann die Anschaffungskosten der Aktie, wenn er ausschließlich oder so gut wie ausschließlich dem Anschaffungsvorgang zugerechnet werden kann. Nur dann ist es gerechtfertigt, den Vorteil der Vermögensebene zuzuweisen. Ist das auslösende Moment der Vorteilsgewährung hingegen nicht nur in der Vermögensebene, sondern in einem nicht nur unbedeutenden Ausmaß auch in einer der Erwerbsebene zuzuordnenden Leistung zu sehen, ist der Vorteil als steuerbare Einnahme zu erfassen[1].

In Anwendung dieser Grundsätze bewertet der BFH den Bezug der Bonusaktien als Kapitaleinnahmen, wobei es unerheblich ist, ob das Recht auf Bezug der Bonusaktien vom Bund oder der DT-AG eingeräumt wurde. Der BFH hat nicht durchentschieden, sondern die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, da das FG keine Feststellungen zur Höhe der Einkünfte getroffen hatte. Er weist aber vorsorglich darauf hin, dass die Einnahmen ...

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