Schriftliches Verfahren
Ein Prozessvergleich kann in der mündlichen Verhandlung geschlossen und protokolliert werden. Er kann aber auch aufgrund der gerichtlichen Bestätigung eines Vergleichsvorschlags der Beteiligten oder der Annahme eines schriftlichen gerichtlichen Vergleichsvorschlags durch die Beteiligten zu Stande kommen (§ 278 Abs. 6 ZPO, sog. Beschlussvergleich). In Familienstreitsachen gilt diese Vorschrift über § 113 Abs. 1 FamFG. Umstritten war bislang, ob auch ein solcher gerichtlich festgestellter Vergleich in entsprechender Anwendung von § 127a BGB die gesetzlich vorgeschriebene Form der notariellen Beurkundung ersetzt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies bejaht.
Ausschluss des Zugewinnausgleichs
Der Fall: Die Beteiligten hatten im Rahmen des Scheidungsverfahrens einen Scheidungsfolgenvergleich geschlossen, dessen Zustandekommen das Familiengericht durch Beschluss gemäß § 113 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt hat. In dem Vergleich war auch ein wechselseitiger Verzicht auf Zugewinnausgleichsansprüche geregelt. Ungeachtet dieses Vergleichs hat der Ehemann später ein Stufenverfahren auf Zugewinnausgleich eingeleitet. Dabei hat er sich darauf berufen, dass er den Vergleich angefochten habe und dieser ohnehin wegen seiner Formunwirksamkeit nichtig sei. Das Familiengericht hat den Antrag insgesamt zurückgewiesen. Die Beschwerde und zugelassene Rechtsbeschwerde hatten keinen Erfolg.
Form gewahrt
Nach Meinung des BGH ist das Familiengericht zu Recht von der Formwirksamkeit des Vergleichs ausgegangen. Zwar bedürfe ein Vergleich über den Zugewinnausgleich vor Rechtskraft der Scheidung der notariellen Beurkundung (§ 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB); diese Form sei hier jedoch durch die gerichtliche Beschlussfassung in analoger Anwendung des § 127a BGB gewahrt. Nach dieser Vorschrift ersetze die gerichtliche Protokollierung eines Vergleichs die notarielle Beurkundung. Dies müsse auch für den "Beschlussvergleich" gelten.
Familiensachen
Die Entscheidung ist vor allem für familienrechtliche Verfahren von Bedeutung. Denn hier bedürfen in zahlreichen Fällen Einigungen der notariellen Beurkundung, etwa zum Versorgungsausgleich (§ 7 VersAusglG), zum Zugewinnausgleich vor Rechtskraft der Scheidung (§ 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB) oder bei Grundstücksgeschäften (§ 311b Abs. 1 BGB).
Vorsicht!
Hinweis: Ein Beschlussvergleich ist nach wie vor nicht ausreichend, wenn dort auch die Auflassung erklärt werden soll. In diesem Fall ist nach wie vor ein Termin erforderlich, da die Auflassung gemäß § 925 Abs. 1 BGB die Anwesenheit beider Vertragsparteien voraussetzt, was bei einem Vorgehen nach § 278 Abs. 6 ZPO eben nicht der Fall ist. Gleiches gilt bei einer Vereinbarung über die güterrechtlichen Verhältnisse (§ 1410 BGB).
(BGH, Beschluss v. 1.2.2017, XII ZB 71/16, 103151, dazu Schneider, NZFam 2017 S. 279; ferner Maurer, LMK 2017, 388794)