Änderung der Recht­sprechung

Das Verhältnis des § 1361b BGB zu zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen war schon immer umstritten. Nunmehr hatte der Bundesgerichtshof (BGH) Gelegenheit zu einigen Klarstellungen und auch einer wichtigen Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung betreffend den Charakter der Ehewohnung, und zwar in folgendem Fall:

Eigentum verpflichtet

Der Ehemann hatte 1999 ein Hausanwesen zu Alleineigentum erworben, welches er fortan gemeinsam mit seiner Ehefrau und den 3 Kindern als Familienheim nutzte. Nach der Trennung Anfang 2006 verließ er das Familienheim und zog in ein anderes Objekt, in dem er gemeinsam mit einer neuen Lebensgefährtin und 3 minderjährigen Kindern zur Miete wohnt. Nachdem die jüngste gemeinsame Tochter der Eheleute inzwischen volljährig ist und ihre Schulausbildung abgeschlossen hat, verlangt der Ehemann nunmehr aus Eigentum die Herausgabe des noch von der Ehefrau bewohnten Anwesens an ihn, um dort mit seiner neuen Familie einzuziehen. Doch letztlich ohne Erfolg!

Schutz der Ehewohnung

Mit seiner jetzigen Entscheidung bestätigt das Gericht den Vorrang des § 1361b BGB auch im Verhältnis zu dem Anspruch des Alleineigentümer-Ehegatten auf Herausgabe der Ehewohnung nach § 985 BGB. Die Zulassung der Geltendmachung eines auf das Eigentum gestützten Anspruchs nach § 985 BGB während der Trennungszeit würde die Möglichkeit der Anpassung der Nutzungsregelung in den vorgenannten Fällen ausschließen und damit dem durch § 1361b BGB verfolgten Zweck des Schutzes der Ehewohnung zuwiderlaufen. Dieser Zweck wird nicht dadurch hinfällig, dass bereits eine einverständliche bzw. eine gerichtliche Nutzungsregelung besteht, da die für die Alleinnutzung maßgeblichen Umstände sich während der Trennungszeit wesentlich ändern können, wie gerade der vorliegende Fall mit seinen Vorkommnissen während der außergewöhnlich langen Trennungsdauer von 12 Jahren verdeutlicht.

Umdeutung unzulässig

Dabei ist verfahrensrechtlich wichtig: Das unzulässige Herausgabeverlangen nach § 985 BGB kann nicht in einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung im Ehewohnungsverfahren umgedeutet werden. Denn das Ehewohnungsverfahren hat nicht nur einen anderen Prüfungsgegenstand, sondern folgt als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch anderen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz.

Überlassungsvermutung

Der BGH setzt ferner der einvernehmlichen Regelung den Fall gleich, dass die alleinige Nutzungsberechtigung darauf beruht, dass wegen der Nichtgeltendmachung eines Rückkehranspruchs durch den ausgezogenen Ehegatten die nicht widerlegbare Überlassungsvermutung nach § 1361b Abs. 4 BGB eingreift. Die nicht widerlegbare Vermutungsregelung führe nicht dazu, dass der ausgezogene Ehegatte daran gehindert ist, die Änderung der Alleinnutzungsberechtigung des anderen Ehegatten aufgrund nachträglich veränderter Umstände zu verlangen.

Ehewohnung während Trennungszeit

Schließlich hat der BGH auch eine bedeutsame Änderung seiner Rechtsprechung vorgenommen: Bislang sollte die Ehewohnung familienrechtlich nur so lange als solche zu qualifizieren sein, bis eine endgültige Überlassung der Nutzung der Wohnung an den anderen Ehegatten erfolgt sei, die nicht mehr nur den aktuellen Erfordernissen in der Trennungssituation geschuldet ist. Nunmehr heißt die Devise: Die Ehewohnung behält diese Eigenschaft während der gesamten Trennungszeit.

(BGH, Beschluss v. 28.9.2016, XII ZB 487/15, NZM 2016 S. 886 = FamRZ 2017 S. 22 mit Anm. Finke)

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