Werklohn nur gegen Nachweis

Eine Gerüstbaufirma hatte mit ihrem Auftraggeber, der Beklagten, einen Rahmenvertrag abgeschlossen. Danach hängt die Fälligkeit ihrer Werklohnansprüche von der Vorlage diverser Nachweise, wie z. B. Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamts, der Betriebskrankenkasse, der Sozialkasse oder der Vorlage von Mitarbeiterlisten und Sozialversicherungsausweisen der auf den Baustellen eingesetzten Mitarbeiter ab. Ferner ist die Auftraggeberin auch bei vollständiger sonstiger Vertragserfüllung durch die Schuldnerin berechtigt, bis zum Eintritt dieser Fälligkeitsbedingung Werklohnzahlungen ganz oder teilweise zurückzuhalten.

Zurückbehaltungsrecht

Aus einem im August 2013 von der Beklagten erteilten Auftrag, den die Schuldnerin hinsichtlich der ihr obliegenden Werkleistungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig erfüllt hat, resultiert eine restliche Werklohnforderung i. H. v. 6.263 EUR. Deren Ausgleich hat die Beklagte verweigert, weil die Schuldnerin die vorzulegenden Unbedenklichkeitsbescheinigungen nicht beigebracht hat und dies auch nicht konnte, da sie Mitarbeiter nicht angemeldet und Beiträge zur Berufsgenossenschaft nicht gezahlt hat etc. Auf die vom Insolvenzverwalter erhobene Klage hin erkannte die Beklagte den Klageanspruch an, soweit er auf Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage geforderter bestimmter Unbedenklichkeitsbescheinigung gerichtet ist. Sie ist im Umfang ihres Anerkenntnisses verurteilt worden. Im Übrigen erhob die Beklagte die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB. Die auf unbedingte Zahlung gerichtete Klage des Insolvenzverwalters blieb auch in letzter Instanz ohne Erfolg.

Urteil des BGH

Der Bundesgerichtshof entschied: Haben die Parteien eines Werkvertrags vereinbart, dass die Fälligkeit des Werklohns von der Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialkassen und der Bauberufsgenossenschaft abhängen soll, ist diese Vereinbarung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauunternehmers für den Verwalter bindend.

Insolvenzrecht ohne Einfluss

Begründung: Der Insolvenzverwalter könne den restlichen Werklohn nur Zug um Zug gegen die vereinbarte Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigungen fordern. Weder die Schuldnerin noch der Kläger habe jeweils die vertraglich geschuldeten Nachweise vorgelegt, der geltend gemachte Werklohnanspruch sei daher nicht unbedingt fällig. Die unbedingte Fälligkeit sei auch nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeigeführt worden. § 41 InsO sei auf die Forderung der Schuldnerin gegen die Beklage nicht anwendbar.

Mangels vorliegend eingreifender insolvenzrechtlicher Sondervorschriften seien die vertraglichen Regelungen auch für den Insolvenzverwalter bindend. Dieser habe den vertraglichen Anspruch der Schuldnerin in dem im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bestehenden Zustand hinzunehmen. Für Werklohnansprüche gelten insoweit keine Besonderheiten.

Fazit

Es ist Sache des Insolvenzverwalters, die Bescheinigungen und Nachweise beizubringen, von deren Vorlage die Fälligkeit des Werklohnanspruchs abhängt.

(BGH, Urteil v.15.12.2016, IX ZR 117/16, NZI 2017 S. 60 mit Anm. Leithaus, dazu ferner Kroth, FD-InsR 2017, 385386)

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