Keine absolute Sicherheit
Eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Diese Binsenweisheit ist das Fazit einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in folgendem Fall:
Der Kläger wohnt in einem Mietshaus. Vor dem Wohnblock befinden sich auf beiden Seiten der Straße öffentliche Parkplätze, die auch von den Anwohnern genutzt werden. An die Parkplätze grenzt ein der beklagten Stadt gehörender Grünstreifen, auf dem einige etwa 50-60 Jahre alte Pappeln standen. Der Kläger stellte in den Abendstunden seinen Pkw auf einem der Parkplätze in der Nähe der Pappeln ab. Am nächsten Morgen bemerkte er Schäden an seinem Fahrzeug. Von einer der Pappeln war ein grün belaubter Ast auf das Auto gefallen. Der Kläger hat die beklagte Stadt auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch genommen – indes ohne Erfolg.
Erforderliche Baumkontrollen durchgeführt
Der BGH hat das klagabweisende landgerichtliche Urteil bestätigt: Die Straßenverkehrssicherungspflicht erstrecke sich zwar grundsätzlich auch auf den Schutz vor Gefahren durch Bäume. Die Behörden genügten jedoch ihrer diesbezüglichen Sicherungs- und Überwachungspflicht, wenn sie – zusätzlich zu der stets gebotenen regelmäßigen Beobachtung auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse – eine eingehende Untersuchung der Bäume dann vornehmen, wenn besondere Umstände wie das Alter des Baums, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau sie angezeigt erscheinen lassen. Ihre diesbezüglichen Pflichten hat die Beklagte, die Baumkontrollen durchgeführt hat, nicht verletzt. Vorliegend seien die Pappel und der den Schaden verursachende Ast vor dem Schadensfall gesund gewesen.
Allgemeines Lebensrisiko
Auch allein der Umstand, dass bei manchen Baumarten ein erhöhtes Risiko bestehe, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen, führe nicht dazu, dass diese Bäume als im Verkehrsinteresse grundsätzlich zu beseitigende Gefahrenquellen eingestuft werden müssten und der Verkehrssicherungspflichtige weitergehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen hätte. Ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, gehöre auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken.
Fazit
Die verkehrssicherungspflichtige Gemeinde muss bei gesunden Straßenbäumen auch dann nicht besondere Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn bei diesen – wie etwa bei Pappeln oder anderen Weichhölzern – ein erhöhtes Risiko besteht, dass im gesunden Zustand Äste abbrechen und Schäden verursacht werden können.
(BGH, Urteil v. 6.3.2014, III ZR 352/13)