Streit um Sichtschutz
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke, die durch einen Maschendrahtzaun mit einer Höhe von 0,65 m bis 1,07 m getrennt werden, der in seinem Verlauf die Grundstücksgrenze schneidet. Die Mieter des Grundstücks des Beklagten errichteten unmittelbar hinter dem Maschendrahtzaun ohne Zustimmung der Kläger einen zunächst 11 m langen, später auf 20 m verlängerten Holzflechtzaun mit einer Höhe von 1,80 m. Mit der nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens erhobenen Klage haben die Kläger die Beseitigung des Holzflechtzauns verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht sie abgewiesen. Die zugelassene Revision hatte beim Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg und führte zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Vorteilhafte Grenzanlage
Dabei stellt das Gericht zunächst klar, dass der auf der Grundstücksgrenze der Nachbargrundstücke befindliche Maschendrahtzaun als Grenzeinrichtung i. S. d. § 921 BGB anzusehen ist. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anlage von der Grenzlinie geschnitten wird und beiden Grundstücken nutzt, auf denen sie errichtet wurde. Erforderlich ist ferner, dass beide Nachbarn ihrer Errichtung als einer gemeinsamen Grenzanlage zustimmen. An die Zustimmung der früheren Eigentümer sind die Parteien als Rechtsnachfolger gebunden. Bei einer schon länger bestehenden Einrichtung, die sich wegen ihrer Vorteilhaftigkeit für beide Seiten objektiv als Grenzeinrichtung darstellt, spricht eine Vermutung dafür, dass sie mit Willen beider Nachbarn errichtet worden ist.
Keine einseitige Veränderung
Der BGH bestätigt im Übrigen seine frühere Rechtsprechung und stellt fest: Das Erscheinungsbild einer Grenzeinrichtung ist Bestandteil ihrer Zweckbestimmung und kann von der ihr immanenten Ausgleichsfunktion zwischen den Interessen der Grundstücksnachbarn nicht getrennt werden. Es kann daher ohne Zustimmung des Nachbarn nicht verändert werden.
Haftung für Mieterhandeln
Dabei hat der Grundstückseigentümer auch für nachbarrechtswidriges Vorgehen seines Mieters einzustehen: Sobald der Eigentümer dem Mieter den Mietgebrauch mit der Erlaubnis zu einer störenden Handlung überlässt oder es unterlässt, den Mieter von einem unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten, kann er für dessen Störungshandlungen – hier: Errichten eines "Sichtschutzes" parallel zur vorhandenen blickdurchlässigen Grenzeinrichtung, jedoch in praktisch doppelter Höhe – nach § 1004 BGB verantwortlich sein.
(BGH, Urteil v. 20.10.2017, V ZR 42/17, NZM 2018 S. 245)