Beweisver­eitelung?

Im Zivilprozess, z. B. in Bau- oder Mietsachen, aber auch in familiengerichtlichen Verfahren spielt die Darlegungs- und Beweislast eine große Rolle. Grundsätzlich muss jede Partei die für sie günstigen Tatsachen beweisen. Dabei kommt es vor, dass ein wichtiges Beweismittel verschwunden oder unbrauchbar ist – vielleicht durch "Mithilfe" des Gegners. Die gesamten Umstände muss das Gericht gemäß § 286 ZPO würdigen. Dazu gehören die Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen einer Partei und damit auch ein Verhalten einer Partei, das dazu führen kann, einen Beweis zu verhindern oder zu erschweren und dadurch die Beweisführung des beweispflichtigen Prozessgegners scheitern zu lassen. Ist von einer Beweisvereitelung auszugehen, ist dies im Rahmen der Beweiswürdigung zum Nachteil des Prozessgegners der beweispflichtigen Partei zu berücksichtigen.

Doch an das Vorliegen einer solchen Beweisvereitelung sind strenge Anforderungen zu stellen, wie der BGH in einer neuen Entscheidung – und ihm folgend das OLG Hamm – konstatiert haben:

Beweis­sicherung möglich?

Von einer Beweisvereitelung kann nur ausgegangen werden, wenn eine Partei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, indem sie vorhandene Beweismittel vernichtet, vorenthält oder ihre Benutzung erschwert. Deshalb ist eine Beweisvereitelung nicht anzunehmen, wenn es der beweisbelasteten Partei möglich gewesen wäre, den Beweis – etwa im Wege eines selbstständigen Beweisverfahrens – zu sichern.

Beweis­erhebung nötig

Kann einer Partei der Vorwurf gemacht werden, sie habe den vom Prozessgegner zu führenden Beweis vereitelt, führt dies nicht dazu, dass eine Beweiserhebung gänzlich unterbleiben kann und der Vortrag der beweispflichtigen Partei als bewiesen anzusehen ist. Vielmehr sind zunächst die von der beweispflichtigen Partei angebotenen Beweise zu erheben. Stehen solche Beweise nicht zur Verfügung oder bleibt die beweisbelastete Partei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beweisfällig, ist eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen und den Beweisangeboten des Prozessgegners nachzugehen.

Fazit

Droht im Prozess ein Verlust günstiger Beweismittel, sollte zur Sicherung stets das selbstständige Beweisverfahren erwogen werden (dazu auch Gr. 10/B 71).

(BGH, Urteil v. 11.6.2015, I ZR 226/13, WRP 2016 S. 35; OLG Hamm, Hinweisbeschluss v. 19.4.2016, 9 U 205/15)

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