Auf den "letzten Drücker"

Wer mit der Einhaltung einer wichtigen Frist bis zum letzten Tag wartet, handelt schon recht fahrlässig, sollte dann aber besondere Vorsicht und Sorgfalt walten lassen. Sonst drohen Frist- und Rechtsverlust und im Fall der anwaltlichen Vertretung eine entsprechende Haftung.

So geschehen in einer Familiensache, in der das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen hatte. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und diese, nachdem die Frist zur Beschwerdebegründung bis zum 10.12.2014 verlängert worden war, erst mit Schriftsatz vom 10.12.2014 begründet. Der an das Oberlandesgericht adressierte Schriftsatz ist am selben Tag per Telefax bei der Oberjustizkasse eingegangen, die in einer Nebenstelle des Oberlandesgerichts ansässig war. Erst am nächsten Tag, also verspätet, ist die Beschwerdebegründung beim Oberlandesgericht eingegangen. Dieses hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde – freilich ohne Erfolg.

"Eingang" bei Gericht?

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte klar: Für den rechtzeitigen Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes kommt es darauf an, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über das eingegangene Schriftstück erhalten hat. Ein beim Faxgerät eines anderen Gerichts eingegangener Schriftsatz ist zum Zeitpunkt des Empfangs noch nicht bei dem zuständigen Gericht angekommen. Entscheidend ist in solchen Fällen, wann der Schriftsatz nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Gericht tatsächlich in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt. Dies gilt auch dann, wenn der Schriftsatz an das zuständige Gericht adressiert ist, aber versehentlich an ein anderes Gericht per Telefax übermittelt wird.

Wird ein Schriftsatz allerdings bei einer gemeinsamen Eingangsstelle mehrerer Gerichte eingereicht, so ist er mit der Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das er adressiert ist. Nur dieses Gericht erlangt mit dem Eingang des Schriftsatzes die tatsächliche Verfügungsgewalt.

Nebenstelle des Gerichts

Ausgehend von dieser überkommenen Rechtsprechung entschied der BGH für den vorliegenden Fall: Wird eine an das Rechtsmittelgericht adressierte Rechtsmittelschrift versehentlich an die in einer Nebenstelle ansässige Justizkasse gefaxt, befindet sich diese Rechtsmittelschrift auch dann nicht in der Verfügungsgewalt des Gerichts, wenn die Justizkasse eine Organisationseinheit des Rechtsmittelgerichts bildet. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch Verwaltungsvorschriften bestimmt ist, dass die Justizkasse und das Gericht eine gemeinsame Posteingangsstelle haben.

Kontrollpflicht

Im Übrigen – so das Gericht weiter – darf sich beim Absenden einer Rechtsmittelschrift in Form eines Telefaxes die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Der Abgleich hat vielmehr anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können.

(BGH, Beschluss v. 1.6.2016, XII ZB 382/15)

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