Vollstreckbare Urkunde
Der Anspruch, über den eine vollstreckbare Urkunde errichtet wird, ist in der Unterwerfungserklärung "zu bezeichnen" (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Dieses Konkretisierungsgebot geht über das allgemeine vollstreckungsrechtliche Bestimmtheitsgebot hinaus, wie der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschied.
Vollstreckungsunterwerfung hinreichend bestimmt?
In einer notariellen Urkunde vereinbarten der Beklagte und die Klägerin den Verkauf eines Grundstücks nebst in einer Anlage näher bezeichneten Maschinen zu einem Gesamtkaufpreis sowie die Verpachtung weiterer, in einer zweiten Anlage aufgeführter Maschinen zu einem monatlichen Pachtzins an die Klägerin. Die Klägerin unterwarf sich in der Urkunde gegenüber dem Beklagten der Zwangsvollstreckung "wegen der in dieser Urkunde eingegangenen Zahlungsverpflichtungen, die eine bestimmte Geldsumme zum Gegenstand haben". Wegen einer Pachtzinsforderung betrieb der Beklagte aus der ihm erteilten vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin und hat einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage, die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde – weil die Pachtzinsforderung nicht bestehe, hilfsweise wegen Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels – für unzulässig zu erklären und den Beklagten zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung zu verurteilen. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen und die Vollstreckungsunterwerfungserklärung als hinreichend bestimmt angesehen. Doch der BGH hat der Klage stattgegeben.
Richtige Klageart
Soweit die Klägerin neben der Einwendungen gegen den titulierten materiell-rechtlichen Anspruch betreffenden Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO auch die Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung geltend gemacht habe, habe sie damit (hilfsweise) eine zulässige Titelgegenklage analog § 767 ZPO erhoben.
Unzureichende Konkretisierung
Denn die Vollstreckungsunterwerfung sei wegen eines Verstoßes gegen die Anforderungen des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nichtig. Da diese Vorschrift eine Unterwerfung "wegen des zu bezeichnenden Anspruchs" verlange, müsse die Vollstreckungsunterwerfung nicht nur dem allgemeinen prozessualen Bestimmtheitsgebot, sondern auch dem mit diesem nicht gleichzusetzenden Konkretisierungsgebot genügen, was bei einer Unterwerfung wegen "etwaiger Verpflichtungen zur Zahlung bestimmter Geldbeträge" nicht der Fall sei. Der Verstoß gegen das Konkretisierungsverbot führe auch zur Nichtigkeit der Unterwerfungserklärung.
Herausgabe des Titels
Die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde sei zulässig, wenn sie – wie hier – mit der Titelgegenklage verbunden werde. Sie sei auch begründet: Der Schuldner kann zwar durch Vorlage einer Ausfertigung des in dem Titelgegenklageverfahren ergangenen Urteils die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 1 ZPO erreichen, damit allein nicht aber verhindern, dass die Vollstreckung trotz des Urteils erst einmal versucht wird und womöglich auch zunächst Erfolg hat, weil die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung etwa dem nicht informierten Personal des Schuldners unbekannt sei oder mangels Ausfertigung des Urteils nicht sofort nachgewiesen werden könne. Insoweit enthält das Gesetz nach Meinung des Gerichts eine planwidrige Lücke, die durch eine analoge Anwendung des § 371 BGB geschlossen werden müsse.
Leitsätze
Fazit: Pauschale Unterwerfungserklärungen sind mit dem Konkretisierungsgebot des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unvereinbar.
Der Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot führt zur Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung. Sie kann mit der prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO (Titelgegenklage) geltend gemacht werden.
Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung einer Urkunde mit einer Unterwerfungserklärung kann analog § 371 BGB auch verlangt werden, wenn die Unterwerfungserklärung unwirksam und die Zwangsvollstreckung deshalb insgesamt endgültig unzulässig ist.
(BGH, Urteil v. 19.12.2014, V ZR 82/13, NJW 2015 S. 1181 m. Anm. Kaiser; dazu Toussaint, FD-ZVR 2015, S. 366788; ferner Meller-Hannich, LMK 2015, S. 367394)