Schuldnerschutz

Beruft sich der Schuldner des Zwangsverwaltungsverfahrens auf Wohnungsschutz, so ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt er unmittelbaren Eigenbesitz an dem betreffenden Grundstück erlangt hat. Das besagt ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH).

Kompliziertes Mietverhältnis

Die Schuldner, ein Ehepaar, sind jeweils zur Hälfte Eigentümer eines von ihnen zusammen mit 2 erwachsenen Söhnen bewohnten Hauses. Sie vermieteten das Hausgrundstück einer GmbH, deren Geschäftsführer der Ehemann ist. Auf Antrag der Sparkasse wurde später die Zwangsverwaltung des Hausgrundstücks angeordnet und der Kläger zum Zwangsverwalter bestellt. Dieser nahm das Grundstück in Besitz und kündigte den Mietvertrag mit der GmbH ordentlich. Die Schuldner zogen nicht aus. Die GmbH berief sich auf den Mietvertrag und die Schuldner verwiesen auf die Vereinbarungen mit der GmbH sowie auf § 149 Abs. 1 ZVG. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage des Klägers hinsichtlich der GmbH stattgegeben und hat die Klage gegen die Schuldner abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner Revision möchte der Kläger auch die Verurteilung der Schuldner zur Herausgabe des Grundstücks erreichen.

Unmittelbarer Eigenbesitz?

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Wesentlich hierfür war, dass das Gericht nicht festgestellt hatte, dass die Schuldner als Eigentümer und Verfahrensschuldner zur Zeit der Beschlagnahme unmittelbaren Eigenbesitz an dem zwangsverwalteten Grundstück hatten (§ 872 BGB).

Grundsätze

Für die weitere Behandlung des Falles und auch grundsätzlich stellte der BGH insoweit klar:

  • § 149 Abs. 1 ZVG setzt die Wohnnutzung des zwangsverwalteten Grundstücks bei Beschlagnahme kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes durch den Verfahrensschuldner und seine mitwohnenden Familienangehörigen voraus.
  • Der Wohnungsschutz für den Verfahrensschuldner und mitwohnende Angehörige entfällt, wenn das Grundstück vor der Beschlagnahme vollständig an einen Dritten zur alleinigen Nutzung vermietet und übergeben worden ist. Das gilt auch, wenn der Verfahrensschuldner von dem Dritten es zurückmietet.
  • Der Verfahrensschuldner und Grundstückseigentümer kann sich auf den Wohnungsschutz nicht berufen, wenn er den unmittelbaren Eigenbesitz erst nach Beschlagnahme des zwangsverwalteten Grundstücks erhält.

Zuständigkeit problematisch?

Offen konnte hier bleiben, ob das Rechtsschutzbegehren des Klägers funktionell statt vor dem angerufenen Prozessgericht im Wege des vollstreckungsgerichtlichen Antrags nach § 153 Abs. 1 ZVG gegen die Schuldner hätte verfolgt werden können und müssen.

(BGH, Urteil v. 21.4.2016, IX ZR 72/14, ZInsO 2016 S. 1226)

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