Leitsatz
Im Fall eines "nicht erkannten Gewerbebetriebs", für den erst in einem späteren Wirtschaftsjahr nach der Betriebseröffnung mit der Bilanzierung begonnen wird, sind bei erstmaliger Bilanzaufstellung die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich. Der erste Bilanzansatz eines zuvor nicht bilanzierten Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Beginn an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Die Einbuchung in die Anfangsbilanz erfolgt gewinnneutral.
Sachverhalt
E besaß umfangreiches Grundvermögen und initiierte Bauherrenmodelle. Zur Beseitigung von Krisen bei mehreren Objekt-GbR nahm E 1984 persönlich Kredite auf. Bei einer Umschuldung in 1989, bei der E seine Anteile an zwei Objekt-GbR auf die Bank übertrug, wurden die Verbindlichkeiten von 21 Mio. DM auf 5,5 Mio. DM reduziert. Bei der Veranlagung 1994 beantragten die Erben des E, den Verlustabzug um 5,5 Mio. DM zu erhöhen und reichten erstmals Bilanzen zum 1.1.1994 und zum 31.12.1994 für einen gewerblichen Grundstückshandel ein. Finanzamt und -gericht lehnten dies ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. Er konnte es offen lassen, ob E überhaupt ein Gewerbe betrieben hatte. Dieses hätte nur im Handel mit Anteilen an Objekt-GbR bestehen können, zu dessen Betriebsvermögen die Verbindlichkeiten gehört hätten. Selbst bei einem Grundstückshandel hätten bisher nicht erfasste Gewinnauswirkungen durch Einbuchungder Verbindlichkeiten nicht nachgeholt werden können, weil deren Erfassung auch bei zeitgerechter Bilanzierung gewinnneutral gewesen wäre.
Hinweis
Der BFH bestätigt seine Rechtsprechung zur Bilanzberichtigung bei einem Gewerbebetrieb, der erst in späteren Jahren mit der Bilanzierung beginnt. Folgende Grundsätze sind zu beachten:
Existieren Bilanzen, ist ein unrichtiger Bilanzansatz grundsätzlich in der Schlussbilanz zu korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Kommt eine Änderung wegen Festsetzungsverjährung nicht in Betracht, ist die Korrektur in der ersten noch "offenen" Schlussbilanz vorzunehmen. Fehlerhafte Bilanzansätze sind grundsätzlich erfolgswirksam zu korrigieren, wenn der Fehler erfolgswirksam war.
Bei einem "nicht erkannten Gewerbebetrieb", der erstmals in einem Wirtschaftsjahr nach der Eröffnung bilanziert, sind bei erstmaliger Bilanzaufstellung mangels vorhergehender Schlussbilanz die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich.
Für den Ansatz eines Wirtschaftsguts in der erstmals aufzustellenden Anfangsbilanz gelten die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs nicht. Der Ansatz für das zuvor nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Die nachträgliche Einbuchung des Wirtschaftsguts erfolgt gewinnneutral über das Kapitalkonto, sie ist keine Einlage.
Link zur Entscheidung
BFH, 26.11.2008, X R 23/05