Leitsatz (amtlich)
Die von der Denkmalbehörde nach § 82i EStDV (heute: § 7i EStG) erteilte Bescheinigung ist nur bindend, wenn die Höhe der begünstigten Aufwendungen aus ihr ersichtlich ist.
Sachverhalt
Die Kläger erwarben 1985 ein 1908 erbautes Wohnhaus und ließen es in den Jahren 1985 bis 1987 instand setzen und umbauen. Das Finanzamt berücksichtigte für diese Instandsetzungsaufwendungen aufgrund einer Bescheinigung des zuständigen Landesdenkmalamts vom 1.12.1986 zunächst antragsgemäß erhöhte Absetzungen nach § 82i EStDV. Die Bescheinigung lautete: "Es wird hiermit bescheinigt, daß Ihr Gebäude … ein Baudenkmal im Sinne von § 2 des Baden-Württembergischen Denkmalschutzgesetzes ist. Die hieran durchgeführten Arbeiten … waren im Sinne von § 82i und k EStDV nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich…." Ab dem Streitjahr 1990 versagte das Finanzamt den Abzug der erhöhten Absetzungen, weil die Bescheinigung des Landesdenkmalamts wegen fehlender Angaben zur Höhe der begünstigten Aufwendungen unvollständig sei, und rechnete die Instandsetzungsaufwendungen stattdessen den Anschaffungskosten des Altgebäudes hinzu. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidungsgründe
Zu Recht hat das FG die Voraussetzungen des § 82i EStDV nicht als erfüllt angesehen, weil die vom zuständigen Landesdenkmalamt ausgestellte Bescheinigung keine Angaben über die Höhe der begünstigten Aufwendungen enthält. Bei der Bescheinigung handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, dessen Bindungswirkung sich auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts bezieht, nämlich auf die Denkmaleigenschaft des Gebäudes, sowie darauf, dass die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. In der Bescheinigung sind die Aufwendungen zu beziffern. Die Erforderlichkeit von Art und Umfang der Aufwendungen kann nur bindend bescheinigt werden, wenn anhand des Inhalts der Bescheinigung erkennbar ist, welche Aufwendungen von der Bindungswirkung erfasst werden. So können, wenn die Bescheinigung Aufwendungen ausweist, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt entstanden sind, später angefallene weitere Aufwendungen nicht berücksichtigt werden. Die bindende Feststellung, dass die Aufwendungen dem Umfang nach erforderlich sind, setzt voraus, dass auch die Höhe der Aufwendungen aus der Bescheinigung ersichtlich ist. Diesen Anforderungen genügt die den Klägern erteilte Bescheinigung nicht, weil sie keine Angaben zur Höhe der Aufwendungen enthält. Die Voraussetzungen des § 82i EStDV sind danach nicht erfüllt.
Das FG hat auch zutreffend entschieden, dass die Kläger sich nicht deshalb auf Vertrauensschutz berufen können, weil das Finanzamt die erhöhten Absetzungen nach § 82i EStDV für die Vorjahre antragsgemäß berücksichtigt hat.
Das FG hat jedoch zu Unrecht die strittigen Aufwendungen allein aufgrund ihrer Höhe und der Anschaffungsnähe ohne weitere Prüfung als Herstellungskosten beurteilt. Dabei ist es von der Rechtsprechung des BFH zu sog. anschaffungsnahen Aufwendungen ausgegangen. Diese Rechtsprechung hat der BFH inzwischen aufgegeben. Danach sind nach der Anschaffung eines Hauses angefallene Aufwendungen zur Instandsetzung und Modernisierung nur dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn sie Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß § 255 Abs. 1, 2 Satz 1 HGB darstellen. Die Höhe der Aufwendungen und ihre Anschaffungsnähe sind nicht maßgebend. Die Frage ist entscheidungserheblich, weil die Kläger die strittigen Aufwendungen, soweit diese als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen sein sollten, möglicherweise teilweise gemäß § 82b EStDV in den Streitjahren abziehen können.
Link zur Entscheidung
BFH vom 11.6.2002 - IX R 79/97