Leitsatz

  1. Umsätze im Überweisungsverkehr liegen nur vor, wenn die betreffende Leistung im Großen und Ganzen eigenständig ist, eine Übertragung von Geldern bewirkt und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führt.
  2. Hierzu reicht die Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung nicht aus.
  3. Die Abgrenzung richtet sich danach, ob die Verantwortung des Leistenden sich nicht nur auf technische Aspekte, sondern auch auf die spezifischen und wesentlichen Elemente eines solchen Umsatzes erstreckt. Allein die Übertragung der Angaben auf den von den Banken übermittelten körperlichen Belegen für die EDV-mäßige Bearbeitung erfüllt die unter 1. genannten Voraussetzungen nicht.
  4. Entscheidend ist die Art der Leistung; ob der Kunde oder die Bank Leistungsempfänger ist und wem gegenüber abgerechnet wird, ist ohne Bedeutung.
 

Sachverhalt

Mehrere Sparkassen und Kreissparkassen gründeten 1992 eine OHG mit dem Zweck, die technische Abwicklung im Zahlungsverkehr sowie weitere Dienstleistungen für ihre Gesellschafter und für Dritte zu übernehmen. Unter Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung[1] berief sich die OHG auf die Steuerfreiheit dieser Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG und Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL. Dem folgte das Finanzamt nicht. Die Klage hatte dagegen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Laut EuGH[2] müssen die Dienstleistungen eines Rechenzentrums – um als von der Steuer befreite Umsätze i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 3 und 5 der 6. EG-RL qualifiziert zu werden – ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sein, das spezifische und wesentliche Funktionen einer Leistung erfüllt. Bezüglich eines "Umsatzes im Überweisungsverkehr" müssen die erbrachten Dienstleistungen daher eine Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen. Die befreite Leistung im Sinne der Richtlinie ist von der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung, wenn etwa einer Bank ein EDV-System zur Verfügung gestellt wird, zu unterscheiden. Zu diesem Zweck muss das nationale Gericht insbesondere den Umfang der Verantwortung des Rechenzentrums gegenüber den Banken untersuchen, namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt.

Das FG ging zwar im Wesentlichen von diesen Grundsätzen aus; seine Entscheidung, die Leistungen der OHG erfüllten die beschriebenen Voraussetzungen, war jedoch nicht von hinreichenden tatsächlichen Feststellungen gedeckt und erlaubte auch keine abschließende Entscheidung des BFH. Allein die Übertragung der Angaben auf den von den Banken übermittelten körperlichen Belegen für die EDV-mäßige Bearbeitung des Auftrags reicht jedenfalls nicht aus. Daneben war auch die Würdigung, die Tätigkeit der OHG führe automatisch zu einer Änderung der Rechtslage, nicht mit der Feststellung zu vereinbaren, dass erst im Anschluss an die Tätigkeit der OHG vom Rechenzentrum – nicht etwa von der OHG – geprüft wird, ob das Konto des jeweiligen Auftraggebers hinreichend gedeckt ist.

 

Praxishinweis

Falls an das SDC-Urteil[3] zur Einbeziehung "ausgelagerter" Umsätze in die Befreiung für Bankumsätze die Erwartung geknüpft worden sein sollte, die Grundsätze des Urteils seien weit auszulegen, scheitert die Erwartung wohl regelmäßig am realen Hintergrund der Gestaltungen.

Zum einen bleibt es auch nach dem EuGH-Urteil beim Grundsatz der engen Auslegung der Befreiungsvorschriften. Zum anderen wird wohl kaum "Verantwortung, …die sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze" – also auf Elemente der Bankumsätze – erstreckt, übertragen. Ausweislich der bisherigen Streitfälle wurde regelmäßig nur Verantwortung in technischen Aspekten übertragen. Das reicht nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 13.7.2006, V R 57/04

[2] Vgl. ebenda
[3] Vgl. ebenda

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