Leitsatz
- Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
- Die sog. Garantieleistung eines Autoverkäufers, durch die der Käufer eines Neuwagens gegen Zahlung eines Aufpreises nach Ablauf der Werksgarantie zwei Jahre lang Reparaturansprüche gegenüber dem Verkäufer und Reparaturkostenersatzansprüche gegenüber einem Versicherer hat, oder der Käufer eines Gebrauchtwagens zusätzlich zu eventuellen Gewährleistungsansprüchen aus dem Kauf gegen Zahlung eines Aufpreises weitere Reparaturansprüche gegenüber dem Verkäufer und Reparaturkostenersatzansprüche gegenüber einem Versicherer erhält, ist keine unselbstständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung; sie ist eine eigenständige, nach § 4 Nr. 8 Buchst. g und/oder nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG steuerfreie Leistung.
Problematik
Ein Autohändler bot bei Abschluss eines Kaufvertrages den Käufern eine mit ihm abzuschließende Garantievereinbarung an, die durch einen zwischen ihm, und der CG Car- Garantie Versicherungs-AG (CG) abgeschlossenen Versicherungsvertrag versichert war. Für bestimmte Bauteile der Autos erhielt der Käufer (Garantienehmer) einen Anspruch auf eine erforderliche fachgerechte Reparatur. Der Käufer (Garantienehmer) kann danach die Reparatur sowohl beim Verkäufer (Garantiegeber) als auch bei einer anderen vom Hersteller anerkannten Vertragswerkstatt durchführen lassen. Bei Reparaturen in der Werkstatt des Verkäufers rechnet dieser nicht gegenüber dem Kunden ab, sondern gegenüber der CG. Lässt der Käufer die Arbeiten in einer sonstigen, nicht in die Garantievereinbarung einbezogenen Vertragswerkstatt durchführen, so rechnet diese ihre Arbeiten regelmäßig ebenfalls unmittelbar mit der CG ab, ohne dazu jedoch verpflichtet zu sein. Sofern die Abrechnung – wie etwa bei Reparaturleistungen im Ausland – unmittelbar gegenüber dem Kunden erfolgt, steht diesem ein Ausgleichsanspruch gegenüber der CG zu. Beim Abschluss einer Garantievereinbarung übermittelte der Verkäufer die Daten des jeweiligen Kunden an die CG. Die Prämien für die abgeschlossenen Garantievereinbarungen berechnet er den Kunden mit den jeweiligen Fahrzeugrechnungen gesondert und ohne Umsatzsteuer.
Das Finanzamt folgte nicht der Ansicht des Autohändlers, dass diese Beträge Entgelt für steuerfreie Versicherungs-/Garantie-Leistungen seien. Es stufte die abgeschlossenen Garantievereinbarungen als unselbstständige Nebenleistungen zu den Hauptleistungen der Kfz-Verkäufe ein, die demnach deren Schicksal teilten. Eine Steuerfreiheit scheide damit aus. Nach stattgebender Klage verfolgt das Finanzamt seine Auffassung mit der Revision weiter.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte die vom Finanzgericht angenommene Steuerfreiheit der "Car-Garantie" (vgl. Leitsatz 2), wobei zwei Gestaltungen in Betracht kamen: Soweit der Autoverkäufer (Händler) den Käufern der Autos einen unmittelbaren Anspruch gegen die CG auf Ersatz der in einer Fremdwerkstatt angefallenen Reparaturkosten verschaffte, handelte es sich um steuerfreie Verschaffung von Versicherungsschutz (i.S. von § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG). Soweit der Händler sich verpflichtete, die von den Garantiebedingungen erfassten Reparaturen selbst vorzunehmen, kam eine steuerfreie Übernahme einer Sicherheit in Betracht (§ 4 Nr. 8 Buchst. g UStG). Dies brauchte der BFH hier nicht abschließend zu entscheiden.
Ferner verneinte der BFH (zu den früher geltenden CG-Garantiebedingungen) eine unselbstständige Nebenleistung zur steuerpflichtigen Autolieferung (vgl. Leitsatz 1).
Konsequenzen für die Praxis
Für die Praxis von besonderem Interesse ist die Abgrenzung zum o.g. BFH-Urteil v. 9. 10. 2002, das die "Car-Garantie" nach den Garantiebedingungen für die Jahre 1991 bis 1995 betraf. Aufgrund dieser hatte der BFH die Steuerfreiheit ausschließlich auf § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG(Versicherungsschutz) gestützt. Die von der CG – als sog. Drittem – bezahlten Reparaturleistungen an die Autokäufer waren davon unabhängig steuerpflichtig.
Die im vorliegenden Streitjahr 1997 geltenden Garantiebedingungen sahen dagegen nicht mehr vor, dass die "Ansprüche aus der geleisteten Garantie … vom Käufer (Garantienehmer) ausschließlich und unmittelbar gegenüber der CG geltend zu machen" sind. Nach diesen Garantiebedingungen war die CG nur noch wegen der Fremdreparaturkosten "vorrangig" in Anspruch zu nehmen. Für die Reparaturleistung bei "Eigenreparatur" durch den Händler als Garantiegeber – der vom Käufer dafür kein Entgelt erhält – kommt danach Folgendes in Betracht:
Ist die "Eigenreparatur" durch den Händler als Erfüllung der Garantieübernahme grundsätzlich unentgeltlich, fehlt es an einem steuerbaren Umsatz; wenn die Garantiebedingungen hingegen so zu verstehen sind, dass letztlich der Käufer einen Anspruch auf Zahlung der Reparatur durch den Händler gegen die CG hat – sodass auch hier Versicherung...