Zusammenfassung
Während die Erstellung einer handelsrechtlichen Bilanz zur geübten Praxis gehört, ist die CO2-Bilanzierung für viele Wohnungsunternehmen noch Neuland, zumal es derzeit keine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt.
1 Einführung
Das Bundes-Klimaschutzgesetz vom Dezember 2019 ist der Einstieg in ein zunehmend rigides Treibhausgassystem (THG-System). Spätestens ab 2026 wird nach unserer Einschätzung ein ausbleibender Erfolg bei der THG-Minderung zu erheblichem politischen Druck auch auf die Wohnungswirtschaft führen.
Das Bundes-Klimaschutzgesetz weist dem Sektor Gebäude mit rund – 40 % die höchste Einsparung aller Sektoren zu. Der vorgegebene Pfad bedeutet von 2020 (118 Mio. t) bis 2030 (70 Mio. t) jährlich ein Minus von 4,8 Mio. t THG-Emissionen im Gebäudesektor. Dabei werden nur Gebäude mit Wärmeerzeugung vor Ort betrachtet. Fernwärme- und über Strom beheizte Gebäude sind der Energiewirtschaft zugeordnet. Von 1990 bis 2014 lag die Minderung bei 3,8 Mio. t/a. Es wird also ein Ziel vorgegeben, das sehr ambitioniert ist. Seit 2014 stagnieren zudem die THG-Emissionen im Gebäudesektor, obwohl jährlich zwischen 35 und 40 Mrd. EUR in die energetische Modernisierung fließen (vgl. nachfolgende Abb. 1).
2 Warum ist eine CO2-Bilanzierung für Wohnungsunternehmen sinnvoll?
Mit dem europäischen Green Deal ist zu erwarten, dass innerhalb der EU – und damit für jeden Mitgliedsstaat – das Ziel von Netto-Null THG-Emissionen für 2050 vorgegeben wird. "Netto-Null" heißt dabei, dass die restlichen, noch vorhandenen THG-Emissionen eingebunden werden müssen – zum Beispiel durch natürliche Bindung in Böden und Wäldern, Abscheidung, Speicherung oder stoffliche Nutzung.
Entsprechend dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) werden bis 2025 alle notwendigen Zertifikate für den Gebäudesektor ausgegeben. Bei einer Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsmenge kann der Bund die Lücke durch Zukauf von Emissionsberechtigungen anderer EU-Staaten schließen. Ab 2026 soll die Jahresemissionsmenge ohne zugekaufte Zertifikate eingehalten werden. Weiterhin soll die Menge der CO2-Zertifikate für Brennstoffe fest vorgegeben und diese nicht mehr zugeteilt, sondern versteigert werden. Aufgrund der dann fehlenden Deckelung des Preises der CO2-Zertifikate ist ab 2027 mit deutlich steigenden Preisen zu rechnen (vgl. nachfolgende Abb. 2).
In diesem Zusammenhang wird mit einem politischen Prüfauftrag auch die volle Umlage des CO2-Preises auf die Mieter in Frage gestellt.
Zusammenfassend lassen sich die Gründe für eine CO2-Bilanzierung wie folgt darstellen:
- Grundlage für Nachhaltigkeitsberichterstattung / CSR-Reporting
- Transparenz zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Kosten der Treibhausgasminderung
- CO2-Preis – Auswirkungen auf Betriebskosten
- CO2-Preis – Kostenabschätzung für das Unternehmen (sollte eine politische Prüfung eine teilweise Nichtumlagefähigkeit dieser Kosten ergeben)
- Datengrundlage für strategische Entscheidungen des Portfoliomanagements und die Modernisierung des Gebäudebestands
- Energiemonitoring für die energetische Bestandsentwicklung
3 Definition des Bilanzrahmens
Am Ausgangspunkt der CO2-Bilanzierung steht die Bestandsaufnahme. Dabei stellt sich die Frage nach dem Bilanzrahmen, also welche Emissionsquellen einbezogen werden. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der Quellen- und Verursacherbilanz
Quellenbilanz:
Hier stellt sich die Frage nach der Quelle der Emission – das heißt, ist der Verbrennungsvorgang im Gebäude oder außerhalb, zum Beispiel bei der Energiewirtschaft? Bei der Quellenbilanz werden Emissionen aus lokaler Verbrennung, zum Beispiel Gaskessel, dem Gebäude zugeordnet. Emissionen aus der Stromnutzung und aus Fernwärmenutzung werden nicht dem Gebäude, sondern dem Energieversorger zugeordnet.
Verursacherbilanz:
Hier stellt sich die Frage, ob die Emission durch die Beheizung des Gebäudes verursacht wird. Dabei werden auch Emissionen aus der Stromnutzung und aus Fernwärmenutzung dem Gebäude zugeordnet. Die Emissionen des Gebäudesektors nach Verursacherbilanz sind fast doppelt so hoch wie die Emissionen nach Quellenbilanz.
Weiterhin muss festgelegt werden, welche Emissionsfaktoren verwendet werden sollen. Prinzipiell kann man unterscheiden, ob nur CO2-Emissionen oder alle Treibhausgase (sogenannte CO2-Äquivalente) betrachtet werden und ob die Vorketten der Energienutzung, also Gewinnung in der Lagerstätte und Transport bis zum Ort der Verbrennung, mit betrachtet werden. Nicht alle Treibhausgase haben die gleiche Klimawirkung. Sie werden entsprechend ihrer Wirkung über ihr Treibhauspotenzial in sogenannte CO2-Äquivalente umgerechnet (vgl. nachfolgende Abb. 3).
Grundlage für die Festlegung des Bilanzrahmens aus wohnungswirtschaftlicher Sicht sollte die Frage sein: Wo hat das Unternehmen Einfluss auf den Energieverbrauch und die THG-Emissionen der bewirtschafteten Wo...