Zusammenfassung
Die Bedeutung des Betreuungsrechts hat in der täglichen Praxis der Wohnungswirtschaft zugenommen. Vermehrt haben Wohnungsunternehmen und WEG-Verwalter im Alltag mit Rechtsfragen aus diesem Bereich zu tun. Die gerichtliche Bestellung eines Betreuers kann zwar für Mieter und Wohnungseigentümer unterschiedlichen Alters notwendig werden, jedoch ist vor allem aufgrund der demographischen Entwicklung zu erwarten, dass in Zukunft insbesondere immer mehr ältere Menschen zur Bewältigung ihrer Angelegenheiten ganz oder teilweise auf die Hilfe eines Betreuers angewiesen sein werden. Untersuchungen bestätigen zudem immer wieder, dass die überwiegende Zahl der Senioren nicht in einem klassischen Heim, sondern so lange wie möglich selbstständig, d. h. in Ihrer eigenen Wohnung (u. a. im Betreuten Wohnen) leben will. Daher dürften im Mietverhältnis, im Rahmen eines Nutzungsverhältnisses und der Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft sowie bei der Verwaltung von Wohnungseigentum zukünftig noch häufiger Fragen aus dem Bereich des Betreuungsrechts auftreten.
1 Rechtliche Betreuung
Die "Betreuung" ist ein einheitliches Rechtsinstitut, das bereits seit 1992 an die Stelle der früheren gesetzlichen Vorschriften über die Vormundschaft für Volljährige und die sog. Gebrechlichkeitspflegschaft getreten ist. Trotz der Regelungen zur Betreuung bestehen aber weiterhin die Vormundschaft für Minderjährige (§§ 1773 ff. BGB) und die Pflegschaft für bestimmte Personen und besondere Situationen (§ 1909 ff. BGB, insbesondere ebenfalls für Minderjährige).
Als ein staatlicher Beistand umfasst die Betreuung rechtliche Fürsorge. Der Betreuer erhält deshalb die gesetzliche Vertretungsmacht für den Betreuten. Damit diesem aber möglichst viel Autonomie verbleibt, ist die Betreuung inhaltlich auf bestimmte Aufgabenkreise beschränkt.
Die Rechtsgrundlagen für das Betreuungsrecht sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 1896 – 1980i sowie im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in den §§ 271 – 311 (Verfahren in Betreuungssachen) enthalten.
2 Gerichtliche Bestellung des Betreuers
2.1 Gesetzliche Voraussetzungen
Ein Betreuer wird auf Antrag oder von Amts wegen vom Betreuungsgericht bestellt, wenn ein Volljähriger aufgrund
- einer psychischen Krankheit oder
- einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung
seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Ein vom Gericht zu bestellender Sachverständiger muss dabei die medizinischen Voraussetzungen der Betreuung feststellen, d. h. das Vorliegen einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung.
Aber: Ein entsprechender medizinischer Befund rechtfertigt allein noch keine Bestellung eines Betreuers. Daher muss als weitere Voraussetzung für eine Betreuung die "Unfähigkeit des Betroffenen zur Besorgung der eigenen Angelegenheiten aufgrund der vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen" gegeben sein. Die festgestellten Beeinträchtigungen müssen also dafür ursächlich sein, dass der Betroffene seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Als "Ange-legenheiten" im Sinne des Betreuungsrechts kommen Rechtsgeschäfte, geschäftsähnliche Handlungen (u. a. Einwilligung in ärztliche Behandlung), Realakte (Nahrungsaufnahme, Versorgung der Wohnung usw.), die Vermögenssorge und die Personensorge in Betracht.
Ein Betreuer darf aber nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ein möglicher Aufgabenkreis eines Betreuers mit besonderer Bedeutung für die Unternehmen der Wohnungswirtschaft sind die "Wohnungsangelegenheiten" (s. dazu unten Ziff. 3. "Aufgabenkreise des Betreuers").
Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (Subsidiarität der Betreuung, § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Bevollmächtigte und "andere Hilfen"
Hilfe durch einen Bevollmächtigten oder einen Rechtsanwalt bzw. einen Notar, tatsächliche Hilfe durch häusliche und pflegerische Leistungen oder Essen auf Rädern.