Alexander C. Blankenstein
Der Vermieter muss sich natürlich keine Beleidigungen von seinem Mieter gefallen lassen. Auch hier steht die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses im Raum – im Einzelfall auch ohne vorherige Abmahnung. In aller Regel stellt es auch einen Kündigungsgrund dar, wenn der Mieter andere Bewohner des Hauses oder auch Beauftragte des Vermieters wie Hausverwalter oder Handwerker beleidigt. Will der Vermieter Konsequenzen wegen Beleidigungen seines Mieters ziehen, muss er immer die Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigen.
3.2.1 Der Vermieter wird beleidigt
Bei der Beleidigung des Vermieters durch seinen Mieter ist stets zu unterscheiden, ob es sich um Formalbeleidigungen handelt oder aber das Schimpfwort in der Hitze des Gefechts einer streitigen Auseinandersetzung mit dem Vermieter gefallen ist. Eine Formalbeleidigung liegt vor, wenn sich die Beleidigung nicht erst aus dem Inhalt der Äußerung ergibt ("Sie sind offensichtlich nicht in der Lage, die einfachsten hygienischen Regelungen zu befolgen"), sondern aus ihrer Form oder den äußeren Umständen ihrer Äußerung. Formalbeleidigungen liegen insbesondere bei Schimpfworten vor, die eine selbstständige Herabsetzung enthalten ("Du/Sie Sau, Penner, Vollidiot, Arschloch etc.")
3.2.1.1 Beleidigung im Eifer des Gefechts
Die bewusste und wiederholte grobe Beleidigung des Vermieters (zweimal "Arschloch" hintereinander), die keinem momentanen Kontrollverlust entspringt, rechtfertigt jedenfalls die fristlose Kündigung des Mietvertrags.
Wenn hier auch das Maß voll war, verdeutlicht das Beispiel gleichwohl, dass nicht jede Beleidigung sogleich eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt. In der Hitze des Gefechts nämlich kann es durchaus passieren, dass auch beleidigende Schimpfwörter fallen. So berechtigt etwa eine einmalige schwerwiegende Beleidigung bei einem Streitgespräch in aller Regel nicht zur Kündigung des Mietverhältnisses. Allerdings wurde in einem solchen Fall auch einmal anders entschieden: Die während eines Streits ausgesprochene schwere Beleidigung ("Du Arschloch") gegenüber dem Vermieter rechtfertigte die fristlose Kündigung. Eine Beleidigung des Vermieters ("Sie sind ein Massenmörder"), die der Mieter in einem Zustand der Erregung ausspricht und die objektiv töricht und sinnlos ist, stellt keinen ausreichenden Grund für eine fristlose Kündigung dar.
In all den Fällen, in denen Vermieter und Mieter einmal aneinandergeraten und Beleidigungen ausgesprochen werden, ist natürlich stets zu prüfen, inwieweit das Verhalten des Vermieters den Mieter provoziert hat. Freilich muss der Mieter seine Behauptung, er sei vom Vermieter zur Beleidigung provoziert worden, beweisen. Wenn es aber in einem bislang unproblematischen Mietverhältnis anlässlich einer Auseinandersetzung einmal zu einer Beleidigung seitens des Mieters kommt, sollte der Vermieter vorsichtshalber lediglich abmahnen. Im Wiederholungsfall ist er dann mit seiner Kündigung auf der sicheren Seite, soweit er nicht selbst die Beleidigung durch eine vorangegangene Beleidigung provoziert hat.
3.2.1.2 Provokationen
Auch Provokationen des Mieters müssen noch kein Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses sein. Bezeichnet etwa der Mieter den feuerroten Chevrolet Corvette Stingray des Vermieters als "Zuhälterwagen", stellt dies für sich allein keine Beleidigung des Vermieters dar. Zumindest das AG Hamburg-Harburg erachtet die vorgenannte Bezeichnung für diesen Fahrzeugtyp als nicht unüblich.
Äußert ein Mieter einmalig, der Vermieter sei "ein Drecksack, den man erschießen müsste", berechtigt dies den Vermieter dann nicht zur fristlosen Kündigung, wenn er nicht im selben Haus wohnt. In einem solchen Fall ist eine nachhaltige Störung des Hausfriedens, die die Fortführung des Mietverhältnisses unzumutbar macht, zu verneinen.
Es liegt auch kein Grund für eine wirksame Kündigung des Mietverhältnisses vor, wenn der Mieter den Verwalter des Vermieters in einen Brief mit "Sehr geehrtes Verwalterlein" anspricht. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Brief den Tonfall der bisherigen jahrelangen Kommunikation zwischen den beiden an Sarkasmus und Zynismus nicht merklich übertrifft.
3.2.1.3 Wahrnehmung berechtigter Interessen?
Ehrverletzende Äußerungen des Mieters über den Vermieter rechtfertigen auch nur dann eine Kündigung, wenn die Äußerung des Mieters weder in Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB erfolgt, noch es sich bei ihr um eine vom Grundrecht auf freie Mein...