Alexander C. Blankenstein
Bei Kindern ist zunächst und vor allem zu berücksichtigen, dass ihr Spiel- und Bewegungsdrang altersgemäß besonders stark ausgeprägt ist und dazu führen kann, dass sie – die Ermahnungen der Eltern vergessend – schnell mal durch die Wohnung ins Kinderzimmer laufen, dort toben und die Türen zuknallen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Kinder unruhiger, lebendiger und lauter sind. Sie können auch nicht begreifen, dass ihre Ausgelassenheit von anderen Mitbewohnern als Ärgernis empfunden wird. Auch für die Eltern ist es in aller Regel schwierig, ihre Kinder in der Mietwohnung ruhig zu halten und mögliche kindliche Entgleisungen zu vereiteln. Derartige Verhaltensweisen müssen die anderen Mieter bzw. Bewohner eines Mehrfamilienhauses tolerieren, denn sie gehören zu den normalen menschlichen Beziehungen. Freilich müssen die Eltern erzieherisch auf ihre Kinder einwirken, um übermäßige Lärmentwicklungen zu verhindern.
Kleinkindergeschrei und gelegentliches Kindergetrampel gehören jedenfalls zum gewöhnlichen vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung. Geräusche, die naturgemäß dem Bewegungs- und Spieldrang von kleinen Kindern entsprechen, müssen von den übrigen Mietern eines Mehrfamilienhauses als vertragsgemäßer Gebrauch hingenommen werden. Selbst häufige und über das übliche Maß hinausgehende Lauf- und Spielgeräusche müssen grundsätzlich als sozialadäquat geduldet werden. Andere Mieter können also nicht erwarten oder davon ausgehen, dass ein Mehrparteienhaus per se kinderlos zu sein hat. Handelt es sich bei dem Mietobjekt um ein älteres Haus, muss die Toleranzgrenze der Hausgemeinschaft für Geräusche ohnehin hoch angesetzt werden.
Bei wiederholten Verstößen gegen die Hausordnung, die durch minderjährige Kinder des Mieters erfolgen, lässt sich ein beharrlicher, uneinsichtiger und zur fristlosen Kündigung berechtigender Verstoß gegen die Vertragspflichten nur dann bejahen, wenn dem Mieter zuvor durch entsprechende Abmahnungen nachdrücklich die Gelegenheit gegeben wird, auf die Kinder einzuwirken. Die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Kinderlärms setzt jedenfalls grundsätzlich eine Abmahnung und einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Abmahnung, erneutem Verstoß und Kündigung voraus.
Auch wenn bei Kindern selbstverständlich andere Maßstäbe hinsichtlich von ihnen ausgehender Lärmbelästigungen anzusetzen sind als bei Erwachsenen, genießen ihre Eltern dennoch keine Narrenfreiheit. Wenn die Grenze des vorbeschriebenen Zumutbaren überschritten ist, kann und sollte der Vermieter Konsequenzen ergreifen, schon um etwaigen Mietminderungen anderer Mieter vorzubeugen. Insbesondere dann, wenn die Lärmbelästigungen von Kindern ausgehen, muss der Vermieter mehrfach abmahnen. Es wird nicht ausreichen, lediglich eine Abmahnung auszusprechen und im Wiederholungsfall sogleich außerordentlich fristlos zu kündigen. Hier bedarf es mindestens 2, besser gar 3 erfolgloser Abmahnungen. Zwischen Abmahnung und Kündigung muss außerdem ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Dieser ist nicht mehr gegeben, wenn zwischen der letzten abgemahnten Belästigung durch Kinderlärm und der erneuten Belästigung ein Zeitraum von ca. einem halben Jahr liegt.
Lärmbelästigungen etwa durch die Kinder eines taubstummen Ehepaares können nicht als schuldhafte Verletzung seiner mietvertraglichen Pflichten eine Kündigung des Mietvertrags rechtfertigen, wenn das Ehepaar wirksame Maßnahmen zur Abhilfe (elektroakustische Lautstärkeregler an Geräten, Anschaffung eines Geräts, das Lärm optisch anzeigt, Abschaffung vorhandener Stereoanlage) ergriffen hat.