Im Übrigen gilt es zu berücksichtigen, dass die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Genossenschaft gegenüber den gegenwärtigen und ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern nach der im Rahmen der Genossenschaftsnovelle 2006 geschaffenen Neuregelung des § 39 Abs. 1 Satz 1 GenG in der alleinigen Zuständigkeit des Aufsichtsrats liegt. Dies gilt insbesondere für den Abschluss und die Änderung des Anstellungsvertrags der Vorstandsmitglieder.[1] Eine Vertretungskompetenz der Mitglieder- oder Vertreterversammlung oder des Vorstands sowie durch Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte oder sonstige Bevollmächtigte der Genossenschaft scheidet somit aus. Die Regelung ist zwingend und kann auch durch die Satzung nicht eingeschränkt oder abbedungen werden. Insofern zielt die gesetzliche Vorgabe nach ihrem Sinn und Zweck darauf, Interessenkonflikte zu vermeiden und somit eine sachgerechte, unbefangene und von sachfremden Erwägungen freibleibende Vertretung der Genossenschaft sicherzustellen.[2]

Vorläufige Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern

Gemäß § 40 GenG, § 21 Abs. 5 der MusterS ist der Aufsichtsrat allerdings nach seinem pflichtgemäßen Ermessen befugt, von der Generalversammlung abzuberufende Mitglieder des Vorstands vorläufig, bis zur Entscheidung der unverzüglich einzuberufenden Generalversammlung (Mitgliederversammlung/Vertreterversammlung), von ihren Geschäften zu entheben und wegen einstweiliger Fortführung derselben das Erforderliche zu veranlassen.

Der Beschluss bedarf nach § 21 Abs. 5 Satz 2 der MusterS einer Mehrheit von drei Vierteln aller Mitglieder des Aufsichtsrats. Den vorläufig ihres Amtes enthobenen Mitgliedern des Vorstands ist in der Mitgliederversammlung/Vertreterversammlung mündliches Gehör zu geben (§ 21 Abs. 5 Satz 4 der MusterS). Eine Kündigung des Anstellungsvertrags ist mit der vorläufigen Abberufung nicht verbunden, da diese in die alleinige Zuständigkeit der Generalversammlung (Mitgliederversammlung/Vertreterversammlung) fällt. Gemäß § 35 Abs.1 lit. h) und i) der MusterS entscheidet allein die Mitgliederversammlung/Vertreterversammlung über den Widerruf der Bestellung von Vorstandsmitgliedern und die fristlose Kündigung ihres Anstellungsvertrags mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen gültigen Stimmen (§ 36 Abs. 2 lit c) MusterS).

Umfang und Ausübung der Vertretungsbefugnis

Soweit dem Aufsichtsrat die Vertretungsbefugnis gegenüber dem Vorstand zukommt, liegt diese notwendig in den Händen des Plenums, d. h. des gesamten Aufsichtsrats, der hierüber mehrheitlich entscheidet. Eine Vertretungsbefugnis einzelner Aufsichtsratsmitglieder oder des Aufsichtsratsvorsitzenden besteht nicht und kann auch durch die Satzung nicht begründet werden.[3]

Soweit das Gesetz es gestattet, einzelne Aufgaben des Aufsichtsrats einem Aufsichtsratsausschuss zur abschließenden Entscheidung zu übertragen (§ 107 Abs. 3 AktG), umfasst dies auch die mit der Entscheidung verbundene Vertretungsbefugnis. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass gemäß § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG die Entscheidung über die Ausgestaltung, Änderung und Ergänzung des Anstellungsvertrags der Vorstandsmitglieder zwingend dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten bleibt.

Die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats gegenüber den Vorstandsmitgliedern umfasst auch die Vertretung in Rechtsstreitigkeiten jeglicher Art, unabhängig von ihrem Entstehungsgrund und zwar im Aktiv- wie im Passivprozess der Genossenschaft. Ein Zusammenhang mit dem Anstellungsvertrag ist nicht erforderlich.[4] Etwas anderes gilt nur für Fördergeschäfte mit ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern, die nach deren Ausscheiden getätigt wurden.

Vertretungsbefugnis auch gegenüber ehemaligen Vorstandsmitgliedern

§ 39 GenG gilt – wie bereits ausgeführt – auch für die Vertretung der Genossenschaft gegenüber ehemaligen Vorstandsmitgliedern.[5] Dies betrifft insbesondere die Änderung oder die Kündigung einer Versorgungszusage, sowie auch die Kündigung oder Änderung einer Versorgungszusage gegenüber den Hinterbliebenen.[6] Der BGH hat die Zuständigkeit in seiner Revisionsentscheidung vom 13.12.1999 bedauerlicherweise offengelassen.[7] Jedenfalls dort, wo der Aufsichtsrat nach der Satzung für die Abberufung von Vorstandsmitgliedern zuständig ist (§ 24 Abs. 2 Satz 2 GenG), umfasst diese auch die Kündigung oder Änderung einer Versorgungszusage. Die Zuständigkeit des Aufsichtsrats gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern betrifft darüber hinaus allerdings nur noch Verträge, die ursächlich mit der Vorstandstätigkeit zusammenhängen.[8]

Soweit es Vertretungshandlungen im Rahmen der genossenschaftlichen Förderbeziehung (des Nutzungsverhältnisses) betrifft, wie beispielsweise die Zuweisung einer Genossenschaftswohnung, liegt nach dem Ausscheiden aus dem Vorstand die Vertretung ehemaliger Vorstandsmitglieder in den Händen des aktuellen Vorstands und der sonstigen rechtsgeschäftlichen Vertreter der Genossenschaft.[9] Darüber hinaus findet § 39 GenG auch dann Anwendung, wenn die (übertragende) Geno...

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