Dr. Klaus-Peter Hillebrand
Die Mitglieder des Aufsichtsrats fallen ebenso wie die Vorstandsmitglieder sowie die leitenden Angestellten der Genossenschaft in den Schutzbereich einer von der Genossenschaft abgeschlossenen D&O-Versicherung. Nach der ihr zugrunde liegenden Risikobeschreibung erfasst die D&O-Versicherung dabei ausschließlich solche Vermögensschäden, die aus der Verletzung gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen, beispielsweise des Genossenschaftsgesetzes oder der analog anzuwendenden Bestimmungen des Aktiengesetzes (AktG) seitens der versicherten Personen resultieren. Im Kern handelt es sich folglich um eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung auf fremde Rechnung. Versicherungsnehmer ist dabei die Genossenschaft, die folglich auch zur Zahlung der Versicherungsprämie verpflichtet ist.
Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag stehen allerdings ausschließlich den versicherten Personen zu; die Genossenschaft selbst hat gegenüber dem Versicherer keine Ansprüche, doch können die Versicherten gegebenenfalls ihren Anspruch gegen Leistungen der Genossenschaft an diese abtreten.
Umfang des Versicherungsschutzes
Der mit der D&O-Versicherung verbundene Versicherungsschutz umfasst sowohl die Kosten der Rechtsverteidigung (Anwaltskosten, Gerichtskosten) als auch den aus der Pflichtverletzung resultierenden Vermögensschaden. Folglich umfasst der Versicherungsschutz im Fall der Begründetheit des Anspruchs in seiner Gesamtheit sowohl den Schadensausgleich bis zum vertraglich vereinbarten Umfang (Schadensausgleichsfunktion) als auch die gerichtliche und außergerichtliche Abwehr von Ersatzansprüchen (Abwehrfunktion). Insofern ergänzt die D&O-Versicherung in sinnvoller Weise die Rechtsschutzversicherung zugunsten der Organmitglieder. Nicht versichert sind Sach- und Personenschäden einschließlich der hieraus folgenden Vermögenseinbußen.
Gemäß den Versicherungsbedingungen sind dabei Haftungsansprüche "durch wissentliche Abweichung von Gesetz, Vorschriften, Beschluss, Vollmacht oder Weisung oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzungen" vom Versicherungsschutz ausgenommenen. Dies betrifft – neben den bereits ausgenommenen Vorsatzhandlungen – auch wissentliche Abweichungen von der Satzung und der Geschäftsordnung des Organs, selbst wenn sich die Pflichtverletzung – anders als im Fall des Vorsatzes – nicht auf die Schadenszufügung erstreckt. Insofern gilt es zu berücksichtigen, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats qua ihres Amtes über hinreichende Kenntnisse des Genossenschaftsgesetzes, der Satzung und der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats verfügen müssen. Gleiches gilt auch dort, wo es das Aufsichtsratsmitglied unterlassen hat, eine notwendige Zustimmung der General- oder Vertreterversammlung oder des Aufsichtsratsplenums einzuholen. Verstöße, die in einer Missachtung des genossenschaftlichen Organisationsgefüges gründen, führen somit in der Regel zum Ausschluss des Versicherungsschutzes. Erforderlich ist allerdings in jedem Fall die positive Kenntnis der versicherten Person von der verletzten Regelung.
Keine Pflicht zum Abschluss einer D&O-Versicherung
Eine Verpflichtung zum Abschluss einer D&O-Versicherung besteht nicht, sondern liegt im unternehmerischen Ermessen des Vorstands, der die Genossenschaft beim Abschluss des Versicherungsvertrags vertritt. Einer Zustimmung der Generalversammlung bedarf es nicht. Demgegenüber kann sich die Genossenschaft im Vorstandsanstellungsvertrag gegenüber dem Vorstandsmitglied zum Abschluss einer D&O-Versicherung verpflichten.
Selbstbehalt
Im Rahmen des "Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung" v. 31.7.2009 hat der Gesetzgeber in § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG bei Bestehen einer D&O-Versicherung zur beruflichen Absicherung eines Vorstandsmitglieds "einen Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds" eingeführt. Auf die Genossenschaft findet diese Regelung keine Anwendung, zumal der Gesetzgeber auf eine analoge Regelung im Rahmen der Genossenschaftsnovelle 2017 verzichtet hat.
Kommt es zum Schadensfall, so ist der Versicherungsnehmer, d. h. die Genossenschaft, gemäß § 104 VVG innerhalb einer Woche verpflichtet, dem Versicherer die Tatsachen anzuzeigen, die seine Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zur Folge haben. Macht ein Dritter seinerseits Ansprüche gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend, so ist der Versicherungsnehmer gleichfalls zu einer Anzeige innerhalb einer Woche nach der Geltendmachung verpflichtet.