Dr. Klaus-Peter Hillebrand
1 Schadensersatzpflicht
Nach § 41 GenG i.V.m. § 34 GenG haften die Mitglieder des genossenschaftlichen Aufsichtsrats für die Verletzung der ihnen obliegenden Sorgfaltspflicht gegenüber der Genossenschaft. Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB). Eine unmittelbare Haftung gegenüber den Mitgliedern besteht nicht, zumal § 41 GenG kein Schutzgesetz zugunsten der Mitglieder ist.
Über die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs entscheidet die Generalversammlung (Vertreterversammlung). Die Genossenschaft wird dabei von einem von der Versammlung gewählten Bevollmächtigten vertreten (§ 39 Abs. 3 GenG). Dieser ist seinerseits an die Weisungen der General- oder Vertreterversammlung gebunden.
Ist über das Vermögen der Genossenschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so obliegt die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 80 Abs. 1 InsO dem Insolvenzverwalter. Eines Beschlusses der Generalversammlung bedarf es in diesem Fall nicht. Eine unmittelbare Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber den Gläubigern scheidet in der Regel aus, da der Aufsichtsrat als Innenorgan der Genossenschaft in der Regel nicht nach außen tätig wird.
2 Der gesetzliche Sorgfaltsmaßstab der Aufsichtsratsmitglieder
Gemäß § 41 GenG gilt für die Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder § 34 GenG über die Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß. Die Vorschrift verweist einerseits auf den Sorgfaltsmaßstab für Vorstandsmitglieder und regelt zugleich die Einstandspflicht der Mitglieder des Aufsichtsrats bei schuldhafter Verletzung ihrer Überwachungspflicht. Allerdings schreibt § 41 GenG bei genauerer Betrachtung keine identische Anwendung des für Vorstandsmitglieder geltenden Sorgfaltsmaßstabs vor.
Vielmehr gilt es zu berücksichtigen, dass die Ausübung des Aufsichtsratsamts in der Genossenschaft üblicherweise nur im Nebenamt und in der Regel gegen eine Aufwandsentschädigung oder eine geringe Vergütung erfolgt und lediglich in den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse oder im Rahmen von Prüfungshandlungen ausgeübt wird. Eine flächendeckende Überwachung und Kontrolle der Vorstandstätigkeit durch die Mitglieder des Aufsichtsrats scheidet somit notwendig aus. Insofern verweist § 41 GenG auf den Sorgfaltsmaßstab des § 34 Abs. 2 Satz 3 GenG. Danach muss bei einem Vorstandsmitglied, das im Wesentlichen unentgeltlich tätig ist, dies bei der Beurteilung seiner Sorgfalt zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Gleiches gilt gemäß § 41 GenG für die Mitglieder des Aufsichtsrats. Die Anforderungen an das Aufsichtsratsamt sind darüber hinaus nach der Größe des genossenschaftlichen Unternehmens und dem Unternehmensgegenstand zu differenzieren. Allerdings können spezifische Kenntnisse eines Aufsichtsratsmitglieds und/oder dessen berufliche Qualifizierung auch zu einem stringenteren Sorgfaltsmaßstab führen. Weisen Aufsichtsratsmitglieder spezifische Berufsqualifikationen auf, beispielsweise als Rechtanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer beratende Ingenieure etc., so sind sie verpflichtet, ihre beruflichen Kenntnisse in die Aufsichtsratstätigkeit einzubringen.
Sorgfaltsmaßstab
Allerdings ist der Sorgfaltsmaßstab – ebenso wie bei der Vorstandshaftung – objektiver Natur und knüpft nicht an den subjektiven Fähigkeiten und Kenntnissen des jeweiligen Aufsichtsratsmitglieds an. Dabei unterliegen herausgehobene Funktionsträger, wie Aufsichtsratsvorsitzende, ihre Stellvertreter und Ausschussvorsitzende, im Licht ihrer Organisationspflichten strengeren Maßstäben. Gleiches gilt insbesondere für die Mitglieder des Prüfungsausschusses. Darüber hinaus gilt es nach der Größe des genossenschaftlichen Unternehmens zu differenzieren. Zudem müssen alle Aufsichtsratsmitglieder über solche Mindestkenntnisse verfügen, die für ihre Aufsichtsratstätigkeit unverzichtbar sind. Dies betrifft, abgesehen von Grundkenntnissen des Genossenschaftsrechts sowie den maßgeblichen Bestimmungen der Satzung und der Geschäftsordnung, insbesondere die Grundlagen der Rechnungslegung als Voraussetzung der Beurteilung der Wirtschafts-, Ertrags- und Liquiditätslage der Genossenschaft.
Zudem sind die Aufsichtsratsmitglieder gehalten, die Berichte des Vorstands und die Feststellungen des Prüfungsverbands aufmerksam zur Kenntnis zu nehmen. Darüber hinaus erfasst der Sorgfaltsmaßstab der Aufsichtsratstätigkeit auch die regelmäßige Teilnahme an den Aufsichtsrats- und Ausschusssitzungen sowie an der General- oder Vertreterversammlung und deren jeweils gründliche Vorbereitung. Gleiches gilt für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen des Aufsichtsrats. Sieht man hiervon ab, so sind die Mitglieder des Aufsichtsrats bei entsprechenden Anhaltspunkten grundsätzlich verpflichtet, die Handlungen des Vorstands auf die Übereinstimmung mit Gesetz und Satzung zu überprüfen und gegebenenfalls für Abhilfe zu sorgen.