Thomas Schlüter, Mirjam Luserke
Rz. 308
Nutzung der Wohnung durch Familienangehörige des Mitglieds
Bei Bestehen einer Ehe oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft müssen grundsätzlich nicht beide Partner Mitglied der Genossenschaft werden. Sollte die Genossenschaft satzungsgemäß nur Mitgliedergeschäfte zulassen, so könnte man meinen, dass beide Partner Mitglieder der Genossenschaft werden müssen. Dies ist aber nicht unbedingt der Fall. Das Genossenschaftsrecht beinhaltet auch den Grundsatz, dass keine Fehlförderung vorliegen kann, wenn ein Partner durch seine Mitgliedschaft gefördert werden darf, der andere aber durch das Mietrecht in seiner Berechtigung, die Wohnung zu nutzen, geschützt ist. Ein denkbarer Unterlassungsanspruch seitens der Genossenschaft ist damit in diesen Fällen nicht durchsetzbar.
Diese Wertung gilt unabhängig von den Regelungen in der Satzung. Selbst für den Fall, dass ausschließlich Mitgliedergeschäfte erlaubt sind, hat die Genossenschaft kein Recht, auf die Belegung der Wohnung so Einfluss zu nehmen. Der in der Satzung verankerte Förderzweck bezieht sich auf die Förderung der Mitglieder, zu dem die Genossenschaft verpflichtet ist. Die Leistung der Genossenschaft besteht im Zurverfügungstellen von definiertem Wohnraum an ein Mitglied. Diese Leistungserfüllung ist mit dem Überlassen der Wohnung gegeben. Hierfür ist eine wohnungsbezogene Pflichtbeteiligung zu leisten, nicht aber eine personenbezogene. Diese wird über die mitgliedschaftsbegründenden Pflichtanteile abgedeckt. Die kooperative Rechtsbeziehung in Form der Mitgliedschaft grenzt sich hier von der vertragsrechtlichen in Form des Nutzungsvertrags ab. Die Aufnahme von bestimmten Personen in die Wohnung ist somit rein mietvertraglich zu beurteilen.
Ähnlich entschied das LG Köln. Für die Begründung eines Untermietverhältnisses käme es nicht auf die Mitgliedschaft des Untermieters in der Genossenschaft an, es sei nur die Mitgliedschaft des Hauptmieters maßgeblich.
In der Mustersatzung ist dieser Grundsatz in § 17 Abs. 2 mit aufgenommen worden. Hier heißt es: "Ist eine Wohnung mehreren Mitgliedern (z. B. Ehegatten, Lebenspartnern, Familienangehörigen) überlassen, so ist eine Beteiligung mit den nutzungsbezogenen Pflichtanteilen … nur von einem Mitglied zu übernehmen." Denkbar wäre daher auch, dass bei mehreren Bewohnern, die auch alle Mitglied der Genossenschaft sind, die Anteile für die Wohnung nur einmal aufgebracht werden und die Mitglieder diese Anteile unter sich aufteilen können. Diese Anteile ergeben dann addiert die erforderlichen wohnungsbezogenen Pflichtanteile.
Rz. 309
Auch bei einer Trennung der Partner liegt keine Fehlförderung vor. Maßgebend ist der Bestand des Nutzungsvertrags. Bei Auszug eines Partners bleibt grundsätzlich das Nutzungsverhältnis bestehen. Kein Nutzer/Mieter ist mietrechtlich zur Nutzung der angemieteten Wohnung verpflichtet. Solange er seine vertraglichen Pflichten erfüllt, ist seine Lebensgestaltung Ausdruck einer individuellen Prägung, die mietrechtlich unerheblich ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er sich vertragswidrig verhält und z. B. keine Nutzungsgebühr mehr zahlt. Hier greift das Mietrecht und gewährt dem Vermieter ein Kündigungsrecht nach den allgemeinen Regelungen des BGB.
Gleiches gilt genossenschaftsrechtlich bezüglich der Nutzung einer Genossenschaftswohnung. Sind einerseits die Sphären der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft nach Satzung, Nutzungsverträgen und gelebter Praxis und andererseits der Nutzung an Genossenschaftswohnungen nur lose miteinander verknüpft, kann ein Mitglied nicht wegen Nichtnutzung der ihm überlassenen Genossenschaftswohnung aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden. Der Genossenschaft ist es vielmehr zuzumuten, den Weg zur Beendigung des Nutzungsverhältnisses nach den Regelungen des Nutzungsvertrags und der gesetzlichen Bestimmungen zu gehen. Etwas anderes gilt, wenn in der Satzung ausdrücklich die Nutzung einer Zweitwohnung in der Genossenschaft ausgeschlossen ist (vgl. Rn. 298a).
In der Regel wird der Nutzungsvertrag in entsprechender Gestaltung auch mit Wirkung für den Ehepartner geschlossen, sodass dieser ebenfalls Schuldner der Nutzungsgebühr ist. Beide Eheleute haften in diesem Zusammenhang als Gesamtschuldner; solange sich das in der Wohnung verbleibende Nichtmitglied vertragstreu verhält, gibt es keine rechtliche Möglichkeit für die Genossenschaft, hier eine Änderung herbeizuführen.
Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dagegen, wo in der Regel nur das Mitglied Vertragspartner geworden ist, reicht es grundsätzlich aus, bei vertragswidrigem Verhalten des Mitglieds das Nutzungsverhältnis zu kündigen. Auch hier ist die Wertung des Einzelfalls entscheidend.
Rz. 310
Erfolgte eine Eheschließung bereits zu DDR-Zeiten so ergeben sich folgende genossenschaftsrechtlichen Besonderheiten:
Die Mustersatzungen der Arbeiterwohnungsgenossenschaften aus DDR-Zeiten sahen vor, dass die Ehegatten ihren Beitritt zur Genossenschaft nur gemeinsam schriftlich erklären konnten. Als Rechtsfolge erw...