Thomas Schlüter, Mirjam Luserke
Rz. 334b
§ 21b GenG schuf Rechtsklarheit für Genossenschaften, in welchen Fällen die Entgegennahme von Mitgliederdarlehen möglich sein sollte. Bis zur Einführung der Regelung ins Genossenschaftsgesetz bestand Rechtsunsicherheit, unter welchen Bedingungen ein Ausnahmetatbestand zur Erlaubnispflicht eines Einlagengeschäfts nach dem Kreditwesengesetz für Genossenschaften bezüglich der Hereinnahme von Mitgliederdarlehen gegeben ist. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will. Die Erlaubnis setzt u. a. voraus, dass die mit der Entgegennahme von Darlehen befassten Vorstandsmitglieder bestimmte fachliche und persönliche Anforderungen erfüllen müssen, wenn sie als Geschäftsleiter nach den jeweiligen Aufsichtsgesetzen bestellt werden. Diese Voraussetzungen sind als bankspezifische Voraussetzungen aus zeitlichen und organisatorischen Gründen für Vorstandsmitglieder einer Wohnungsgenossenschaft meist schwer erfüllbar. Mit der Einführung des § 21b GenG sollte die Entgegennahme von Darlehen außerhalb der Regelungen des KWG erleichtert werden.
Zum Zweck der Finanzierung oder Modernisierung von zu ihrem Anlagevermögen gehörenden Gegenständen kann so eine Genossenschaft, auch wenn sie über keine Erlaubnis zum Betreiben des Einlagengeschäfts nach dem Kreditwesengesetz verfügt, Darlehen ihrer Mitglieder entgegennehmen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür beinhalten:
Im Darlehensvertrag ist zu vereinbaren, dass das Darlehen zweckgebunden nur zugunsten eines konkreten Investitionsvorhabens der Genossenschaft in ihr Anlagevermögen verwendet werden darf (§ 21b Abs. 1 Nr. 1 GenG).
Diese Zweckbindung orientiert sich am Schreiben des ehemaligen Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 30.9.1976, wonach in langjähriger Verwaltungspraxis das Einlagengeschäft ausnahmsweise als nicht erfüllt galt, wenn die Darlehen nur von Genossenschaftsmitgliedern aufgenommen und die Gelder zweckgebunden verwendet wurden.
Die Darlehenssumme darf beim jeweiligen Mitglied 25.000 EUR nicht übersteigen (§ 21b Abs. 1 Nr. 2 GenG).
Die Begrenzung soll dem Schutz des einzelnen Mitglieds dienen, sofern dieses Verbraucher ist.
Der Gesamtbetrag sämtlicher von Genossenschaftsmitgliedern zu dem o. g. Zweck gewährten Darlehen darf 2,5 Mio. EUR nicht übersteigen (§ 21b Abs. 1 Nr. 3 GenG).
Die in Nr. 3 benannte Grenze schließt im Übrigen nicht aus, dass ein darüber hinaus bestehender Finanzierungsbedarf auf andere Weise gedeckt wird.
Der vereinbarte jährliche Sollzinssatz darf den höheren der folgenden beiden Werte nicht übersteigen (§ 21b Abs. 1 Nr. 4 GenG):
- 1,5 Prozent
- Die marktübliche Emissionsrendite für Anlagen am Kapitalmarkt in Hypothekenpfandbriefen mit gleicher Laufzeit.
Die Grenzen in Abs. 1 Nr. 3 und 4 orientieren sich an den Grenzen für Schwarmfinanzierungen sowie denen für soziale, gemeinnützige oder religionsgemeinschaftliche Projekte nach den §§ 2a bis 2c des Vermögensanlagegesetzes.
Der Vorstand wird in § 21b Abs. 2 GenG darüber hinaus verpflichtet, dafür zu sorgen, dass den Mitgliedern vor Vertragsschluss die wesentlichen Informationen über das Investitionsvorhaben sowie mögliche Risiken aus der Darlehensgewährung zur Verfügung gestellt werden.
Er hat während der gesamten Laufzeit des Darlehens die Einhaltung der Zweckbindung sicherzustellen. Diese Geschäftsführungspflichten unterliegen der Überwachung im Rahmen der regelmäßigen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung nach § 53 GenG.
Die Zweckbindung kann nur unter festgelegten Bedingungen zugunsten eines anderen zulässigen Investitionsvorhabens geändert werden. Das jeweilige Mitglied muss der Änderung schriftlich zustimmen, nachdem es die wesentlichen Informationen über das andere Investitionsvorhaben erhalten hat (§ 21b Abs. 3 Satz 2 GenG).
Schließlich beinhaltet § 21b Abs. 4 GenG ein Widerrufsrecht, orientiert an § 2d des Vermögensanlagengesetzes.
Das Mitglied ist dann bei einem wirksamen Widerruf an seine Willenserklärung, die auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtet ist, nicht mehr gebunden.