Rz. 390

Im Fall der Gläubigerkündigung gemäß § 66 GenG wird die Forderung des Mitglieds auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens im Wege der Einzelzwangsvollstreckung beschlagnahmt. Im Ergebnis steht die Forderung auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nun dem Vollstreckungsgläubiger zu. Fraglich ist in solchen Fällen, ob die Aufrechnung durch die eG dennoch durchgreift.

Die Vorschrift des § 392 BGB trifft hierfür eine Regelung: Durch die Beschlagnahme wird die Aufrechnung mit einer Gegenforderung durch die eG nur dann ausgeschlossen, wenn die eG ihre Gegenforderung erst nach Beschlagnahme erworben hat. Sie wird auch dann ausgeschlossen, wenn die Gegenforderung der eG erst nach der Beschlagnahme fällig geworden ist und – zusätzlich – wenn die Gegenforderung der eG auch noch später fällig geworden ist als die in Beschlag genommene Hauptforderung auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens.

Die beiden Ausschlussfallgruppen stehen selbstständig nebeneinander. Hieran muss sich dann die Prüfung, vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen, orientieren. Das Gesetz sagt also, dass eine Pfändung im Rahmen der Zwangsvollstreckung in der Grundregel die Aufrechnung nicht verhindert. Sie verhindert sie nur dann, wenn entweder der erste Ausschluss gegeben ist, oder dann, wenn der zweite Ausschluss gegeben ist.

 

Rz. 391

Folgende Beispiele verdeutlichen diesen Sachverhalt:

 

"Entstehung" der Gegenforderung (Miete) vor der Pfändung

Fall:

  • Nutzungsvertrag ist 2017 abgeschlossen worden
  • Gegenforderung der eG: rückständiges Nutzungsentgelt aus Mai 2019
  • Pfändung durch Drittgläubiger erfolgte im Juli 2019
  • Ausscheiden des Mitglieds aus der eG zum 31.12.2019

Lösung:

Die in § 392 BGB genannten Ausschlussfallgruppen greifen aufgrund der Daten im Fall nicht ein. Daher bleibt es bei der Grundregel des § 392 BGB, dass die Aufrechnung durch die Pfändung nicht verhindert wird.

Begründung:

Die Gegenforderung der eG (Miete) ist hier ganz ohne Zweifel schon vor der Beschlagnahme durch die Pfändung "erworben" worden. Die Gegenforderung Nutzungsentgelt/Miete der eG stammte aus dem Monat Mai 2019. Die Pfändung erfolgte erst später, nämlich im Juli 2019. Die erste Ausschlussgruppe des § 392 BGB ist somit nicht gegeben.

Aber auch der zweite Ausschlussgrund des § 392 BGB liegt nicht vor: Denn die Gegenforderung der eG (Miete) aus Mai 2019 wird nicht erst nach der Pfändung im Juli 2019 fällig, sondern schon vorher, eben im Mai 2019. Die Gegenforderung (Miete) wird zudem nicht erst nach der Hauptforderung (Auseinandersetzungsguthaben) fällig. Das Auseinandersetzungsguthaben wird vielmehr sogar erst im Laufe des Jahres 2020 fällig.

 

"Entstehung" der Gegenforderung (Miete) "nach" der Pfändung

Fall:

  • Nutzungsvertrag ist 2017 abgeschlossen worden
  • Gegenforderung der eG: rückständiges Nutzungsentgelt aus August 2019
  • Pfändung durch Drittgläubiger erfolgte aber schon im Juli 2019
  • Ausscheiden des Mitglieds aus der eG zum 31.12.2019

Lösung:

Die in § 392 BGB genannten Ausschlussfallgruppen greifen aufgrund der Daten im Fall ebenfalls nicht ein. Daher bleibt es bei der Grundregel des § 392 BGB, dass die Aufrechnung durch die Pfändung nicht verhindert wird.

Begründung:

In diesem Beispiel könnte auf den ersten Blick problematisch sein, dass die Gegenforderung (Miete) aus dem Monat August 2019 herrührt und somit zweifelsohne erst aus der Zeit nach der Pfändung stammt, die schon im Juli 2019 erfolgt war.

Jedoch wird das "Entstehen" der Gegenforderung durch die Rechtsprechung des BGH in besonderer Weise ausgestaltet: Geht nämlich eine Forderung auf ein sog. Dauerschuldverhältnis zurück, so soll es nach – zumindest bislang – ständiger Rechtsprechung des BGH[1] gerade nicht auf den Zeitraum ankommen, in dem die einzelne Forderung fällig geworden ist, sondern auf den Entstehungsgrund für die Forderung, mit welcher aufgerechnet wird – und dies ist der Vertrag über die Wohnungsnutzung.

Es kommt für die Festlegung des richtigen Zeitpunkts also auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an. Der Mietvertrag war im Beispiel aber schon im Jahr 2017 abgeschlossen worden und somit weit vor dem Zeitpunkt der Pfändung im Wege der Zwangsvollstreckung, die erst im Juli 2019 erfolgt ist. Damit ist auch hier der erste Ausschlussgrund nicht gegeben.

Der zweite Ausschlussgrund liegt hier ebenfalls nicht vor (siehe vorstehendes Beispiel).

 

Abschluss des Nutzungsvertrags erst nach erfolgter Pfändung

Fall:

  • Mitgliedschaft ist im Mai 2019 begründet worden
  • Pfändung durch Drittgläubiger erfolgte im Juli 2019
  • Nutzungsvertrag ist im September 2019 abgeschlossen worden
  • Gegenforderung der eG: rückständiges Nutzungsentgelt aus Oktober 2019
  • Ausscheiden des Mitglieds aus der eG zum 31.12.2019

Lösung:

In dieser Variante scheitert die Aufrechnung der eG.

Begründung:

Die Gegenforderung, mit der die eG aufrechnen will (Miete), ist auch unter Zugrundelegung der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des BGH erst nach erfolgter Pfändung erworben worden. Der erster Ausschlussgrund des § 392 BGB ist somit gegeben...

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