Neues Recht für gemischt-nationale Ehen
Vielfach unbemerkt gelten seit dem 29.1.2019 in Deutschland – und 17 weiteren Mitgliedstaaten der EU – die Europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO) und die Europäische Partnerschaftsverordnung (EuPartVO). Sie regeln die internationale Zuständigkeit, das anwendbare Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen bezüglich des ehelichen Güterstands bzw. des Güterstands von Lebenspartnerschaften. Der Gesetzgeber hat hierdurch auf den Anstieg von gemischt-nationalen Ehen infolge wachsender Mobilität und Migration reagiert.
Anwendungsbereich
Die Güterrechtsverordnung (Entsprechendes gilt für die Partnerschaftsverordnung) findet für Ehegatten Anwendung, die ab 29.1.2019 die Ehe eingehen oder eine Rechtswahl bezüglich des auf ihren Güterstand anzuwendenden Rechts treffen.
Unter "Güterrecht" werden dabei alle vermögensrechtlichen Regelungen verstanden, die zwischen den Ehegatten und ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder deren Auflösung gelten. Dieser weite Güterrechtsbegriff umfasst alle zivilrechtlichen Aspekte, die sowohl die Verwaltung des Vermögens als auch die güterrechtliche Auseinandersetzung infolge der Scheidung bzw. Trennung oder des Todes eines Ehegatten betreffen. Damit fallen nun Instrumente, die bisher als allgemeine Ehewirkungen nach Art. 14 EGBGB qualifiziert wurden, wie z. B. die Mitverpflichtung nach § 1357 BGB oder die Eigentumsvermutung nach § 1362 BGB, in den Anwendungsbereich der neuen Güterrechtsverordnungen.
Sonderfall Ehewohnung
Hierzu gehören nunmehr auch die die Regelung der Rechtsverhältnisse an Ehewohnung und Haushaltsgegenständen betreffenden §§ 1361a, 1361b, 1568a, 1568b BGB. Allerdings handelt es sich bei den Ansprüchen auf Überlassung der Ehewohnung um Eingriffsnormen i. S. v. Art. 30 Abs. 2 EuGüVO. Daher unterfallen auch für nach dem 29.1.2019 geschlossene Ehen die Überlassungsansprüche weiterhin (Art. 17a EGBGB, Erbarth, NJW 2019, S. 1169, 1173 m. w. N.).
Anwendbares Recht
Die Prüfung, welches konkrete Recht anwendbar ist, vollzieht sich gemäß Art. 22 ff. EuGüVO nach folgender Stufenleiter:
- Zunächst räumt Art. 22 EuGüVO den Ehegatten vor oder nach der Eheschließung eine Rechtswahlfreiheit ein. Sie können als Güterstatut das Recht des Staats wählen, in dem sich zum Zeitpunkt der Rechtswahl einer von ihnen gewöhnlich aufhält oder dem zum Zeitpunkt der Rechtswahl einer von ihnen angehört.
- Im Fall fehlender Rechtswahl wird gemäß Art. 26 EuGüVO auf den ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten (tatsächlicher Lebensmittelpunkt) nach der Eheschließung abgestellt.
- Mangels eines solchen Aufenthalts wird an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten angeknüpft, sofern diese nur eine gemeinsame Staatsangehörigkeit haben.
- Zuletzt ist hilfsweise die engste Verbindung maßgeblich. Maßgeblich hierfür sind Gemeinsamkeiten in Bezug auf Herkunft, Sprache, Kultur, soziale Beziehungen und gemeinsame Pläne.
Verfahrensrecht
Für die Durchführung der Europäische Güterrechts- und Partnerschaftsverordnungen wurde das Internationale Güterrechtsverfahrensgesetz geschaffen. Danach sind auf gerichtliche Verfahren grundsätzlich die Vorschriften des FamFG anzuwenden, soweit in den EU-Verordnungen sowie in dem Verfahrensgesetz nichts anderes bestimmt ist.
Altfälle
Hinweis: Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des neuen Rechts auf seit dem 29.1.2019 geschlossene Ehen (und Partnerschaften) wird noch lange zu einem Nebeneinander von altem und neuem Internationalen Güterrecht führen. Für "Alt-Ehen" gilt weiterhin Art. 14, 15 EGBGB (in der bis 28.1.2019 gültigen Fassung) mit einer abweichenden Anknüpfungsleiter.
(Eingehend zu dem neuen internationalen Güterrecht: Döbereiner/Frank, Internationales Güterrecht für die Praxis, FamRZ-Buch 44, Gieseking 2019; ferner Erbarth, NZFam 2018, S. 249; Kemper, FamRB 2019, S. 68; Ziereis, NZFam 2019, S. 237)