Missbräuchliche Vertragsgestaltung?
Mit der demografisch bedingten Zunahme pflegebedürftiger Personen wächst die Gefahr des Missbrauchs zulasten des Sozialleistungsträgers: Eine geschickte Vertragsgestaltung bei der Übertragung von Grundbesitz soll den Vermögenswert dem Erwerber zusichern, während die Pflegekosten der Allgemeinheit angelastet werden. Umgekehrt versucht die (leere) öffentliche Hand, Zugriff auf diese Objekte zu nehmen, indem der Sozialhilfeträger Ansprüche aus übergeleitetem Recht geltend macht.
Anspruch auf Miete
Anspruch bei Vermietungsvereinbarung
Bei Vermietung der Wohnung des in ein Altenheim übergewechselten Wohnungsberechtigten kann die Miete dem Sozialhilfeträger zustehen.
Anspruch auf Miete
Nachdem die aufgrund eines Übergabevertrags wohnungsberechtigte Mutter in ein Pflegeheim aufgenommen worden war, vermietete ihr Sohn mit ihrem Einverständnis die Wohnung und vereinnahmte die Miete. Als einige Zeit später der Sozialhilfeträger die ungedeckten Heimkosten übernahm, leitete er "sämtliche Ansprüche auf Geldleistung, die sich aus der Nichtinanspruchnahme der fraglichen Leistung aus dem Übergabevertrag ergeben", auf sich über.
Nach Ansicht des BGH hat der klagende Sozialhilfeträger gegen den Sohn einen gesetzlich übergegangenen vertraglichen Anspruch der Mutter auf Herausgabe der vereinnahmten Mieten. In der Vermietungsvereinbarung sei eine Ausübungsgestattung des Eigentümers zur Überlassung der Nutzung an einen Dritten nach § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB zu sehen: Der Sohn sollte die Wohnung im eigenen Namen vermieten dürfen. Die Auslegung der Vereinbarung ergebe unter Berücksichtigung der Interessenlage, dass die Mutter die (nicht ausdrücklich geregelte) Miete beanspruchen müsse; denn die Vermietung ersetzte das Wohnungsrecht, das ihrer Altersversorgung diente.
Rückforderung einer Schenkung
Verzicht auf Wohnrecht
Zwar kann auf ein wertlos gewordenes Wohnungsrecht verzichtet werden. Doch kann dies als Schenkung zu werten sein. Dann droht im Fall der Verarmung des Berechtigten ein Rückforderungsanspruch seitens des Heimträgers nach § 528 BGB.
Verzicht = Schenkung
Die Eltern hatten bereits im Jahr 1995 ihrer Tochter ein Hausgrundstück übertragen und sich ein unentgeltliches lebenslanges Wohnungsrecht vorbehalten. Im Jahr 2003 wurde das Wohnungsrecht aufgehoben, im Grundbuch gelöscht und auf sämtliche schuldrechtliche Ansprüche verzichtet. Eine Gegenleistung hatte die Tochter nicht zu erbringen. Ab diesem Zeitpunkt wurde ein Mietverhältnis zwischen Tochter und Mutter über die Wohnung, die die Eltern bislang im Rahmen des Wohnungsrechts unentgeltlich genutzt hatten, geschlossen. Nach dem Tod des Vaters wurde die Mutter pflegebedürftig und lebte von August 2012 bis zu ihrem Tod im März 2015 in einem Pflegeheim. Hierfür bezog sie Sozialleistungen. Ab September 2013 vermietete die Tochter die vormals von der Mutter bewohnte Wohnung an einen Dritten. Der Sozialhilfeträger machte nunmehr aus übergeleitetem Recht Ansprüche nach § 528 Abs. 1 BGB wegen des unentgeltlichen Verzichts auf das Wohnungsrecht geltend und fordert Ersatz sämtlicher erbrachter Leistungen.
Nach Meinung des BGH stellt die unentgeltliche Aufgabe eines Wohnungsrechts eine Schenkung dar. Allerdings entstehe hinsichtlich des Umfangs des Rückforderungsanspruchs der Anspruch nur in Höhe des ungedeckten Unterhaltsbedarfs. Im hier vorliegenden Fall der Unteilbarkeit des Geschenks habe der Beschenkte Wertersatz zu leisten. Dieser Anspruch sei jedoch durch den Wert des Geschenks im Zeitpunkt des Entstehens des Rückforderungsanspruchs begrenzt. Hinsichtlich der Wertermittlung des Geschenks sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Es komme bei einem Verzicht auf ein Wohnungsrecht auf die hierdurch eintretende Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks an. Es komme – entgegen der Vorinstanz – nicht darauf an, inwieweit der Beschenkte diese ihm zugeflossene Werterhöhung tatsächlich realisiert habe. Zur Berechnung der Wertsteigerung verweist der BGH auf die statistische Lebenserwartung der Schenkerin und auf die erzielte Jahreskaltmiete.