Zusammenfassung
Durch die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Grundstück wird das Eigentum von der Nutzungsmöglichkeit getrennt. Wirtschaftlich bedeutsam ist der Nießbrauch vor allem auf familien- und erbrechtlichem Gebiet. Eine Vielzahl von Nießbrauchsarten ermöglicht "passende" Regelungen. Altrechtliche Dienstbarkeiten, die vor Inkrafttreten des BGB entstanden sind, beschäftigen noch immer die Gerichte. Gleiches gilt in den neuen Bundesländern für die nach DDR-Recht entstandenen Dienstbarkeiten.
1 Nießbrauch
1.1 Bedeutung
Nutzungsrecht
Wie der etwas altmodische Begriff besagt, gibt der Nießbrauch das Recht, eine bestimmte Sache zu gebrauchen und ihre Früchte zu genießen. Der Nießbraucher darf also die Nutzungen aus der Sache ziehen, etwa Mieten, Dividenden oder Zinsen einnehmen.
Nachfolgeplanung
Die wirtschaftliche Bedeutung des Nießbrauchs liegt vor allem auf familien- und erbrechtlichem Gebiet. So übertragen Eltern nicht selten im Rahmen ihrer Nachfolgeplanung einem Abkömmling ihre selbst bewohnte Immobilie, zum Beispiel um die alle 10 Jahre nutzbaren Steuerfreibeträge auszuschöpfen. Als Gegenleistung wird neben der Einräumung von Rückfallrechten oder einer Pflegeverpflichtung oftmals auch ein Nießbrauchrecht vorbehalten. Desgleichen werden Nießbrauchrechte, insbesondere an Immobilien, häufig in letztwilligen Verfügungen zugewandt, um den Bedachten abzusichern und zu versorgen.
Unternehmenskontinuität
Er dient dort auch als Instrument zur Sicherung der Unternehmenskontinuität, meist jedoch Versorgungszwecken, etwa bei der Einräumung zugunsten des überlebenden Ehegatten (anstelle einer Vorerbschaft) oder des Hofübergebers (im Rahmen eines Altenteils). Dabei räumt der BGH dem Unternehmensnießbraucher recht weitgehende Freiheiten ein. So ist der Nießbraucher eines Hofs, dem die Stellung eines Unternehmers eingeräumt ist, befugt, einzelne Betriebszweige unter Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs im Übrigen aufzugeben.
Risiko: Teilungsversteigerung
Mitunter übertragen Eltern das Eigentum an der von ihnen bewohnten Immobilie bereits zu Lebzeiten an ihre Abkömmlinge, oft im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Sind mehrere Abkömmlinge vorhanden, werden üblicherweise Miteigentumsanteile an die einzelnen Abkömmlinge übertragen. Eine solche Übertragung der Immobilie unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechts birgt Risiken. Denn durch die Teilung in Miteigentumsanteile entsteht eine Gemeinschaft nach Bruchteilen, die im Wege der Teilungsversteigerung aufgehoben werden kann. Im Rahmen dieser Zwangsversteigerung kann das Nießbrauchrecht untergehen. Um dieses Risiko zu vermeiden, sollten ergänzende Vereinbarungen getroffen werden. So kann das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen werden.
1.2 Inhalt
1.2.1 Gesetzliche Regelung
Zulässiger Inhalt
Der Nießbrauch gewährt seinem Inhaber grundsätzlich die gesamten Nutzungen eines Gegenstands; nach Abs. 2 kann er durch den Ausschluss einzelner Nutzungen (beispielsweise Vermietung) eingeschränkt werden. Hingegen ist die Bestellung eines Nießbrauchs nur für einzelne Nutzungsarten unzulässig; insoweit könnte bei einem Grundstück allerdings eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit begründet werden. Die Eintragung eines beschränkten Nießbrauchs ist folglich unzulässig.
Abgrenzung
Die Abgrenzung zwischen einem Grundstücksnießbrauch und einer Benutzungsdienstbarkeit richtet sich allein formal danach, ob dem Berechtigten eine umfassende Nutzungsbefugnis (ggf. unter Ausschluss einzelner Nutzungen) oder nur einzelne Nutzungsmöglichkeiten eingeräumt werden.
Belastungsgegenstand
Der Nießbrauch gehört ebenfalls zu den Dienstbarkeiten, ist aber nicht auf Grundbesitz beschränkt. Mit einem Nießbrauch können belastet werden:
- Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte,
- bewegliche Sachen,
- (übertragbare) Rechte, z. B. Forderung, Wertpapier, Grundschuld, Patentrecht, Erbanteil, GmbH-Anteil; Gesellschaftsanteil einer Personengesellschaft nur, wenn die Satzung oder die Mitgesellschafter dies gestatten,
- Vermögen, insbesondere Nachlass, auch Handelsgeschäft; hier darf der Nießbrauch nur an den einzelnen zu dem Vermögen gehörenden Gegenständen bestellt werden.
Wohnungseigentum
Auch Wohnungseigentum kann mit einem Nießbrauch belastet werden. Dies lässt das Stimmrecht des Wohnungseigentümers unberührt. Das Stimmrecht geht auch hinsichtlich einzelner Beschlussgegenstände nicht auf den Nießbraucher über.
Streitigkeiten mit Nießbrauchern oder sonstigen Fremdnutzern fallen nicht unter die besondere Gerichtszuständigkeit nach § 43 Nr. 1 und 2 WEG.
Anteilige Belastung
Es kann auch eine lediglich anteilige Belastung erfolgen: So ist die Bestellung an einem ideellen Miteigentumsanteil zulässig (Bruchteilsnießbrauch, § 1066 BGB)....