Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Ein Vorbehaltsnießbrauch zugunsten der Eltern an einem Zweifamilienhaus eines unverheirateten Arbeitnehmers schließt nicht aus, dass dieser dort einen eigenen Hausstand als Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung Arbeitslohn/Werbungskosten unterhält, wenn gesichert ist, dass er die Wohnung nicht nur vorübergehend nutzen kann; bei dieser Prüfung kommt es auf den Fremdvergleich nicht an.
Problematik
Mehraufwendungen wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung sind ab 1.1.2004 grundsätzlich zeitlich unbefristet steuerlich anzuerkennen. Voraussetzung ist künftig jedoch das Vorliegen von 2 Haushalten, da die bisherige Billigkeitsregelung, wonach auch bei Arbeitnehmern ohne eigenen Hausstand für einen Zeitraum von bis zu 2 Jahren eine doppelte Haushaltsführung anerkannt wird, ab 2004 entfällt.
Entscheidung des BFH
Vor diesem Hintergrund erlangt die aktuelle Entscheidung des BFH besondere Bedeutung. Unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung verlangt das Gericht auch weiterhin, dass der nicht verheiratete Arbeitnehmer den von ihm finanziell unterhaltenen oder mitunterhaltenen Hausstand am Mittelpunkt seiner Lebensinteressen aus eigenem oder abgeleitetem Recht nutzt. Dabei geht der BFH erfreulicherweise davon aus, dass auch ein zugunsten der Eltern bestellter Vorbehaltsnießbrauch an einem Zweifamilienhaus des ledigen Arbeitnehmers der Annahme eines dort unterhaltenen eigenen Hausstands nicht entgegen steht, wenn gesichert ist, dass der Arbeitnehmer die Wohnung nicht nur vorübergehend nutzen kann.
Konsequenzen für die Praxis
Weitere Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines doppelten Haushalts ist nach wie vor, dass der Arbeitnehmer sich finanziell maßgeblich an den Kosten des Hausstands am Mittelpunkt seiner Lebensinteressen beteiligt.
Im Übrigen gilt aufgrund der Änderung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG durch das Steueränderungsgesetz 2003 (BGBl. 2003 I S. 2645) für Arbeitnehmer ohne eigenen Hausstand Folgendes (BMF, Schreiben v. 30.6.2004, IV C 5 – S 2352 – 49/04, BStBl 2004 I S. 582):
Die Einfügung des Wortes "nur" in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG verdeutlicht, dass eine doppelte Haushaltsführung nur dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Arbeitnehmer ohne eigenen Hausstand außerhalb des Beschäftigungsorts erfüllen danach die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht.
Bei Arbeitnehmern ohne eigenen Hausstand ist daher ab 1.1.2004 – unabhängig vom zeitlichen Beginn der auswärtigen Tätigkeit – R 43 Abs. 5 LStR (= Anerkennung einer quasi-doppelten Haushaltsführung) nicht mehr anzuwenden. Hinsichtlich der Heimfahrten vom auswärtigen Beschäftigungsort zum Heimatwohnort sind die Grundsätze für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte weiter anzuwenden.
Für die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2003 ist R 43 Abs. 5 LStR (= Anerkennung einer quasi-doppelten Haushaltsführung) weiterhin anzuwenden, allerdings in Verbindung mit der bisherigen 2-Jahresfrist bei doppelter Haushaltsführung. Die rückwirkende Streichung der 2-Jahresfrist bei doppelter Haushaltsführung von Arbeitnehmern mit eigenem Hausstand führt nicht dazu, den Anwendungszeitraum bei Arbeitnehmern ohne eigenen Hausstand auszuweiten.
Bei Arbeitnehmern ohne eigenen Hausstand mit Einsatzwechseltätigkeit, die am auswärtigen Tätigkeitsort übernachten, gelten für einen Zeitraum von 3 Monaten die gleichen Grundsätze wie bei Arbeitnehmern mit doppelter Haushaltsführung und eigenem Hausstand. Für den Neubeginn der 3-Monatsfrist gelten die Grundsätze für Dienstreisen sinngemäß. Für die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen ist innerhalb der 3-Monatsfrist die Abwesenheitszeit vom Heimatwohnort und nach Ablauf der 3-Monatsfrist die Abwesenheitszeit von der auswärtigen Unterkunft maßgebend. Das Wahlrecht nach R 43 Abs. 6 Satz 2 LStR (Geltendmachung von Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung oder Abzug der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) bleibt unberührt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 4.11.2003, VI R 170/99, BStBl 2004 II S. 16