Leitsatz (amtlich)

Die Eigenheimzulage bei Anschaffung von Genossenschaftsanteilen gemäß § 17 EigZulG setzt nicht voraus, dass der Anspruchsberechtigte irgendwann im Förderzeitraum eine Wohnung der Genossenschaft zu eigenen Wohnzwecken nutzt (gegen BMF-Schreiben vom 10.2.1998, BStBl I 1998, S. 190ff., Tz. 108).

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb 1998 Geschäftsanteile an der X-Genossenschaft e.G. (eG) in Höhe von 10 000 DM. Die eG wurde 1997 in das Genossenschaftsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist u.a. das Bewirtschaften, Errichten, der Erwerb und die Betreuung von Bauten. Die eG räumt ihren Mitgliedern, die eine Förderung nach § 17 EigZulG erhalten, unwiderruflich das vererbliche Recht auf Erwerb des Eigentums an der von ihnen zu Wohnzwecken genutzten Wohnung für den Fall ein, dass die Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohnungseigentum und Veräußerung der Wohnungen schriftlich zugestimmt hat. Das Wohneigentum der eG befindet sich in den neuen Bundesländern. Der Kläger beantragte am 14.5.1998 Eigenheimzulage ab 1998 sowie Kinderzulage für seine Kinder. Mit Bescheid vom 25.1.1999 setzte das Finanzamt die Eigenheimzulage für 1998 bis 2004 zunächst auf jährlich 1 300 DM sowie für 2005 auf 900 DM fest. Im September 1999 erhielt das Finanzamt den Bericht über die Prüfung der Steuerfahndung bei der eG. Der Prüfer gelangte darin zu dem Ergebnis, der Kläger sei erst im September 1998 durch den Vorstand der eG als Mitglied zugelassen worden. Gestützt auf diesen Bericht und auf das BMF-Schreiben vom 10.2.1998[1] hob das Finanzamt die Festsetzung der Eigenheimzulage mit Bescheid vom 26.10.1999 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG auf. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[2]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Zutreffend hat das FG die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bereits deshalb abgelehnt, weil die Tatsache des Beitrittszeitpunkts für das Gewähren der Eigenheimzulage nicht erheblich ist; denn § 17 EigZulG setzt nicht voraus, dass der Anspruchsberechtigte irgendwann im Förderzeitraum[3] eine Wohnung der Genossenschaft zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Nach § 17 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage für die Anschaffung von Geschäftsanteilen von mindestens 10 000 DM an einer nach dem 1.1.1995 in das Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaft in Anspruch nehmen. Der Kläger als Anspruchsberechtigter i.S. von § 1 EigZulG erfüllt diese Voraussetzungen; denn er hat Genossenschaftsanteile in Höhe von 10 000 DM erworben. Überdies entspricht die Satzung der eG den in § 17 Satz 2 EigZulG aufgestellten Anforderungen.

Die Frage, ob - darüber hinaus - die Selbstnutzung einer genossenschaftlichen Wohnung durch den Anspruchsberechtigten Förderungsvoraussetzung ist, wird unterschiedlich beantwortet. Der Senat hält die Selbstnutzung einer Genossenschaftswohnung durch den Anspruchsberechtigten für kein Tatbestandsmerkmal der Eigenheimzulage für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Bedeutungszusammenhang oder dem Zweck des § 17 EigZulG ergibt sich diese Einschränkung. Voraussetzung der Zulage ist allein, dass die Satzung die Genossen, die eine Förderung erhalten und selbst eine Wohnung nutzen, dazu berechtigt, an dieser Wohnung das Eigentum zu erwerben. § 17 Satz 2 EigZulG formuliert deshalb eine besondere Voraussetzung für den Satzungsinhalt, aber keine subjektbezogenen Förderbedingungen. Nichts anderes folgt aus dem in § 17 Satz 1 EigZulG verwendeten Begriff der "Eigenheimzulage".

Auch aus dem Bedeutungszusammenhang des Gesetzes ergibt sich kein Selbstnutzungserfordernis. § 17 EigZulG erklärt § 4 EigZulG nicht für entsprechend anwendbar und enthält auch selbst keine dieser Vorschrift vergleichbare Regelung. Das Gesetz verknüpft damit das Bestehen des Anspruchs nicht mit der Nutzung einer genossenschaftseigenen Wohnung. Ein Zusammenhang von Eigenheimzulage und Selbstnutzung ergibt sich auch nicht aus der gesetzlichen Bezugnahme auf § 10 EigZulG. Denn § 17 Satz 7 EigZulG regelt speziell für die Eigenheimzulage auf Genossenschaftsanteile, wann der Anspruch entsteht.

Das aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes gewonnene Ergebnis wird durch den Förderzweck bestätigt, wie er sich aus der Entstehungsgeschichte erschließt. Der Gesetzgeber hat mit § 17 EigZulG jenseits der Tradition der Wohnungseigentumsförderung in den §§ 7b und 10e EStG einen eigenständigen Subventionstatbestand geschaffen[4]. Dieser soll zunächst das genossenschaftliche Wohnen fördern, das insbesondere für Familien mit geringem Einkommen eine Alternative zum Erwerb eigenen Wohnraums darstellt[5]. Das gesetzliche Subventionsangebot soll aber auch "die Eigenkapitalausstattung der Genossenschaften durch Mobilisierung zusätzlichen privaten Kapitals" verbessern, "um so die Voraussetzungen für ein verstärktes Engagement im Wohnungsneubau zu schaffen"[6]. Zwar verfolgen reine Kapitalan...

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