Leitsatz
- Ein auf die Lebenszeit des Nießbrauchers bestellter Nießbrauch an einem im Eigentum eines Dritten stehenden bebauten Grundstück führt regelmäßig nicht zu wirtschaftlichem Eigentum des Nießbrauchers an Grundstück und Gebäude.
- Beteiligt sich der Nießbraucher an den Anschaffungskosten des Grundstücks und den Herstellungskosten des Gebäudes, kann er wirtschaftlicher Eigentümer nur in Höhe seiner Beteiligung an den auf das Gebäude entfallenden Gesamtaufwendungen sein. Bei mehreren Anspruchsberechtigten kann der Nießbraucher daher den Fördergrundbetrag der Eigenheimzulage nur entsprechend seinem wirtschaftlichen Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen.
Sachverhalt
V erwarb im Juli 1998 ein Grundstück von einem Bauträger mit der Verpflichtung, darauf ein Einfamilienhaus zu errichten, zum "Kaufpreis" von 413000 DM. Nach Fertigstellung im November 1998 bestellte V seiner 1971 geborenen Tochter T den lebenslänglichen Nießbrauch mit der Abrede, dass T auch diejenigen Kosten und Lasten zu tragen habe, die nach den §§ 1041, 1047 BGB dem Eigentümer obliegen würden. T und ihr Ehemann bezogen das Haus noch 1998. Im Oktober 1999 übertrug V das Eigentum auf T. V bezahlte auf den Kauf- und Bauwerksvertrag 300000 DM. T und ihr Ehemann beglichen 113000 DM sowie weitere Gebäudeherstellungskosten von 30000 DM. Das Finanzamt lehnte die Eigenheimzulage für T für 1998 mit der Begründung ab, sie sei 1998 weder bürgerlich-rechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin des Objekts geworden.
Entscheidung
Die Anspruchsberechtigung der T für das Jahr 1998 lässt sich nicht auf die Nießbrauchsbestellung im November 1998 stützen. Der Nießbrauch führte nicht zu wirtschaftlichem Eigentum der T. Denn der Nießbraucher ist, da er nur einen abgeleiteten Besitz ausübt, regelmäßig nicht wirtschaftlicher Eigentümer. Es fehlt das subjektive Element, das Wirtschaftsgut wie ein Eigentümer zu besitzen. Dies gilt auch dann, wenn er – wie hier T – sämtliche Lasten und Aufwendungen für die Unterhaltung des Nießbrauchsobjekts übernommen hat. Unerheblich ist auch die Bestellung des Nießbrauchs auf Lebenszeit des Nießbrauchers. Denn damit ist der Eigentümer – anders als bei einem vererblichen Nießbrauch – nicht für die gewöhnliche Nutzungsdauer des Objekts von der Einwirkung ausgeschlossen. Die tatsächliche Nutzungsdauer und der wirtschaftliche Verbrauch fallen hier allenfalls zufällig zusammen.
Die finanzielle Beteiligung der T, die ca. ein Drittel der Gesamtkosten bestritten hat, führte lediglich zu entsprechend anteiligem wirtschaftlichem Eigentum. Denn der Nutzungsberechtigte, der die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für ein ihm nicht gehörendes bebautes Grundstück getragen hat, hat für den Fall der Beendigung des Nutzungsverhältnisses einen Anspruch gegen den Eigentümer in Höhe des Verkehrswerts des bebauten Grundstücks mit der Folge des wirtschaftlichen Eigentums, da der Eigentümer wirtschaftlich nicht verfügen kann. Hat der Nutzungsberechtigte die Kosten – wie hier T – nur anteilig getragen, entsteht wirtschaftliches Eigentum entsprechend der Beteiligungsquote. Als wirtschaftliche Miteigentümerin steht T daher für 1998 der Fördergrundbetrag nur entsprechend ihrer Beteiligungsquote, somit in Höhe eines Drittels von 5000 DM (1667 DM) zu.
Praxishinweis
Dem Nießbraucher kann das Nießbrauchsobjekt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Eigenbesitzes zugerechnet werden. Selbst wenn bei einem Nießbraucher, obwohl er in Kenntnis des Nießbrauchsrechts besitzt, subjektiv der Wille vorhanden sein sollte, das überlassene Wirtschaftsgut wie ein Eigentümer zu besitzen, könnte dies den Grundsatz nicht außer Kraft setzen, wonach dem Inhaber eines lebenslänglichen Nutzungsrechts das Wirtschaftsgut nicht als wirtschaftliches Eigentum zuzurechnen ist. Der volle Fördergrundbetrag steht T daher erst ab Erlangung des bürgerlich-rechtlichen Eigentums im Jahre 1999 zu.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 24.6.2004, III R 50/01