Leitsätze (amtlich)

  1. Ein Unternehmer, der Gegenstände aus seinem Unternehmen an Angehörige aus unternehmensfremden Gründen unentgeltlich liefert, verwirklicht dadurch einen Eigenverbrauch durch Gegenstandsentnahme (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG 1993).
  2. An der Steuerbarkeit der Entnahme änderte sich - bis zum Inkrafttreten des § 1 Abs. 1aUStG 1993 am 1. Januar 1994 - auch dann nichts, wenn die Lieferung im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen erfolgte.
  3. Eine Lieferung eines Gegenstandes (Verschaffung der Verfügungsmacht) setzt die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag voraus. Die Verfügungsmacht an einem Mietwohngrundstück ist mangels Ertragsübergangs noch nicht verschafft, solange der Lieferer dieses aufgrund seines Eigentums wie bislang für Vermietungsumsätze verwendet.
  4. Das gilt auch für eine unentgeltliche Lieferung des Mietwohngrundstücks. Solange die Verfügungsmacht nicht übergegangen ist, liegt keine Entnahme und keine durch sie verursachte Änderung der Verwendungsverhältnisse i.S. des § 15a UStG 1993 vor.
 

Sachverhalt

Die Klägerin errichtete in den Jahren 1988 und 1989 auf einem ihr gehörenden Grundstück ein Gebäude für einen Autoteilezubehörmarkt. Seit März 1989 vermietete sie das Grundstück unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Die im Zusammenhang mit der Gebäudeerrichtung angefallenen Vorsteuerbeträge betrugen 89 267 DM (1988) und 47 399 DM (1989); sie wurden bei den USt-Veranlagungen für diese Jahre berücksichtigt. Aufgrund eines Schenkungsvertrages übertrug die Klägerin im Jahr 1993 das Grundstück samt aufstehendem Gebäude auf ihren Sohn. Wegen dieses Sachverhalts berichtigte das Finanzamt im Rahmen der USt-Veranlagung der Klägerin für das Jahr 1993 den Vorsteuerabzug für das Gebäude unter Hinweis auf § 15aUStG 1993. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.

 

Entscheidungsgründe

Das FG ging stillschweigend davon aus, dass die Klägerin ihrem Sohn das Grundstück bereits 1993 geliefert habe. Unter dieser Voraussetzung war entgegen der Auffassung des FG der Tatbestand des § 15a UStG 1993 für eine Vorsteuerberichtigung erfüllt. Ändern sich bei einem Grundstück die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung maßgebend waren, innerhalb von zehn Jahren seit dem Beginn der Verwendung, so ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen[2]. Eine Änderung der Verhältnisse liegt auch vor, wenn das noch verwendungsfähige Wirtschaftsgut vor Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums veräußert oder zum Eigenverbrauch entnommen wird und dieser Umsatz für den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen ist als die Verwendung im ersten Jahr[3].

Die Klägerin hat das Grundstück zum Eigenverbrauch entnommen, falls sie es ihrem Sohn noch 1993 unentgeltlich geliefert hat. Ein Eigenverbrauch i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. aUStG 1993 liegt auch dann vor, wenn ein Unternehmer Gegenstände aus seinem Unternehmen an Angehörige oder sonstige Personen aus unternehmensfremden Gründen unentgeltlich liefert. An der Steuerbarkeit der Entnahme änderte sich - bis zum Inkrafttreten des § 1 Abs. 1a UStG 1993 - auch dann nichts, wenn die Lieferung im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen erfolgte[4]. Erst der am 1.1.1994 in Kraft getretene § 1 Abs. 1a UStG 1993 bestimmt, dass die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nicht der USt unterliegen.

Eine Entnahme des Grundstücks zum Eigenverbrauch war auch für den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen als die Verwendung im ersten Jahr[5]. Ursprünglich wurde das Grundstück zur Ausführung steuerpflichtiger und somit nicht vorsteuerabzugsschädlicher Umsätze verwandt. Eine Entnahme des Grundstücks 1993 wäre hingegen nach § 15 Abs. 2 UStG 1993 vorsteuerabzugs-schädlich. Die Grundstücksentnahme ist nämlich in entsprechender Anwendung des § 4 Nr. 9 Buchst. aUStG 1993 steuerfrei[6]; sie schließt deshalb den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG 1993 aus.

Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Dem FG-Urteil ist nicht zu entnehmen, ob die mit der Grundstücksschenkung verbundene Geschäftsveräußerung tatsächlich bereits 1993 oder erst zum 1.1.1994 erfolgt ist. Ist sie erst zum 1.1.1994 erfolgt, findet § 1 Abs. 1a UStG 1993 Anwendung. Die Geschäftsveräußerung unterlag dann nicht der USt[7]; vielmehr trat dann der Sohn an die Stelle der Klägerin[8]. Damit entfiele eine steuerbare Grundstücksentnahme durch die Klägerin und die Berichtigung des Vorsteuerabzugs.

Eine Lieferung eines Gegenstands i.S. von § 3 Abs. 1 UStG 1993 liegt vor, wenn ein Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen, ihm also die Verfügungsmacht verschafft. Die Verschaffung der Verfügungsmacht setzt die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag voraus[9]. Nach dem dem Senat bekannten Sachverhalt bli...

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