Leitsatz (amtlich)

Führt ein Steuerpflichtiger bei mehreren auch privat genutzten betrieblichen Kfz nur für einzelne der Fahrzeuge (ordnungsgemäß) ein Fahrtenbuch, so kann er für diese Fahrzeuge die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen ansetzen und für die anderen auch privat genutzten Kfz die sog. Ein-Prozent-Regelung wählen.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielt gewerbliche Einkünfte und ermittelt den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Im Streitjahr 1996 gehörten 3 Kfz zum Betriebsvermögen, und zwar vom 1.1. bis 18.5. das Kfz A, vom 19.5. bis 31.12. das Kfz B und während des ganzen Jahres das Kfz C. Der Kläger hat für die von ihm auch privat genutzten Fahrzeuge A und B Fahrtenbücher geführt. Danach errechnete er private Nutzungsanteile von 5,93 % (Kfz A) und 6,85 % (Kfz B). Die durch Belege nachgewiesenen Aufwendungen betrugen 4 219 DM für das Kfz A und 15 109 DM für das Kfz B. Das Kfz C wurde ebenfalls privat genutzt; ein Fahrtenbuch wurde jedoch insoweit nicht geführt. Der Kläger setzte für die private Nutzung der Fahrzeuge A und B einen Entnahmewert von insgesamt 1 187 DM an. Das Finanzamt wandte auch für diese Fahrzeuge die für den Kläger ungünstigere Ein-Prozent-Regelung an. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die private Nutzungsentnahme der vom Kläger betrieblich und privat genutzten Kfz A und B abweichend von der sog. Ein-Prozent-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 1996 mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen anzusetzen ist, da der Kläger die für die Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen hat. Die private Nutzungsentnahme des vom Kläger auch privat genutzten Kfz C ist, da der Kläger im Streitjahr insoweit kein Fahrtenbuch geführt hat, nach der Ein-Prozent-Regelung anzusetzen.

Mit der erstmals für den Veranlagungszeitraum 1996 geltenden Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG hat der Gesetzgeber zur Abgrenzung der Aufwendungen für die private Lebensführung von den Betriebsausgaben bei der Nutzung eines betrieblichen Kfz eine typisierende Regelung getroffen, die dem Grunde und der Höhe nach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist[2]. Bei der Frage, ob der Gesetzgeber insoweit seinen ihm im Steuerrecht für Typisierungen zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum eingehalten hat, hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass es sich bei der sog. Ein-Prozent-Regelung um eine widerlegbare Typisierung handelt, da der Steuerpflichtige der Anwendung der typisierenden Regelung durch den Nachweis des tatsächlichen Sachverhalts - d.h. durch die Vorlage von Belegen über die für das Kfz insgesamt entstandenen Aufwendungen und den Nachweis des Verhältnisses der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch - entgehen kann[3]. Die prinzipielle Konzeption des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG als widerlegbare Typisierung würde zu einer unwiderlegbaren Typisierung verändert, wenn der Steuerpflichtige bei mehreren betrieblichen Fahrzeugen, die auch privat genutzt werden, nicht auch für einzelne dieser Fahrzeuge den Nachweis eines gegenüber der Typisierung geringeren Privatanteils an den Aufwendungen führen könnte. An unwiderlegbare Typisierungen sind jedoch strengere Anforderungen zu stellen als an widerlegbare[4]. Außerdem hätte der Senat im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erhebliche Bedenken gegen die Typisierung, wenn diese so weit ginge, dass der Steuerpflichtige die Ermittlungsmethode des Werts der Nutzungsentnahme bei mehreren Fahrzeugen nur einheitlich wählen könnte und daher bei Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs für einzelne dieser Fahrzeuge auch insoweit die Ein-Prozent-Regelung hinnehmen müsste. Sowohl die Ein-Prozent-Regelung in Satz 2 des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG als auch die Fahrtenbuchregelung in Satz 3 dieser Vorschrift stellen ausdrücklich auf die Nutzung "eines" Kfz bzw. auf die für "das" Kfz entstehenden Aufwendungen ab. Aus dem Wortlaut der Regelung ist daher zu schließen, dass die Ermittlungsmethode für jedes Kfz gesondert ausgeübt werden kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 3.8.2000 - III R 2/00

[1] Vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 28.10.1999, IV 392/98, EFG 2000, S. 114
[2] Vgl. BFH-Urteil vom 24.2.2000, IIIR 59/98, BStBl II 2000, S. 273 = INF 2000, S. 441
[4] Vgl. BFH-Urteil vom 24.2.2000, a.a.O. (Fn. 2)

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